Die Schulleitung hat sich ganz bewusst für Willkommensklassen entschieden, anstatt die Kinder sofort auf die Regelklassen zu verteilen. Schulleiterin Josephine Brunnhuber erklärt dazu: »Die Kinder sind von heute auf morgen in ein fremdes Land gekommen. Es tut ihnen gut, erst einmal anzukommen und unter ihresgleichen sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Für den Erwerb der deutschen Sprache ist es ebenso von Vorteil, sich in einem gemeinsamen Tempo heranzutasten anstatt dem Druck ausgesetzt zu sein, schnell mithalten zu müssen.« Es gibt aber auch Ausnahmen. Einige sind schon so gefestigt, dass diese Kinder bereits in der Regelklasse integriert sind.
Hauptsächlich wird in den Willkommensklassen Deutsch unterrichtet. Einige Aktionen finden bereits gemeinsam mit den Regelklassen statt. Darüber hinaus stehen mehrmals wöchentlich Zusatzangebote auf dem Stundenplan: Bundesfreiwilligendienstleistende Sophia Haitzer macht mit den Kindern Rhythmisierungseinheiten (Singen mit Bewegung usw.), Benedikt Schmid vom SV Ruhpolding setzt auf zusätzliche Sporteinheiten und Sozialpädagoge Sebastian Brandl kümmert sich um die individuelle Förderung der Kinder.
Ziel ist es, bis zum Schuljahresende verstärkt auf Willkommensklassen zu setzen und diese stunden- bzw. fächerweise mit den Regelklassen zusammenzuführen. Wenn alles gut läuft, steht im neuen Schuljahr einem Wechsel in eine Regelklasse nichts mehr im Wege. Josephine Brunnhuber ist es aber dennoch wichtig, auch für die Zeit nach dem Wechsel Unterstützung in Form von Deutschkursen beizubehalten, solange sie es brauchen.
Nadja Delova unterrichtet die Gruppe mit den älteren Kindern. Sie ist schon länger an der Schule in Ruhpolding tätig und unterrichtet als Zusatzangebot Deutsch für Ausländer (DaZ) für Kinder, die Unterstützung in der deutschen Sprache benötigen. Das war ein Segen für die Schule, als die ersten Geflüchteten nach Ruhpolding gekommen sind und man sich erste Gedanken über die zu erwartenden Kinder gemacht hat.
Um die jüngeren Kinder kümmert sich Hanna Lytvyn. Sie ist selbst mit ihrer Tochter gleich zu Beginn des Krieges geflüchtet. Nachdem sie in Ruhpolding gelandet war und erfahren hatte, dass in der Schule eine Deutschlehrerin gesucht wird, hat sie nicht lange gezögert. Ihre guten Deutschkenntnisse erlangte sie während ihres Studiums (Deutsche Philologie und Erziehungswissenschaft) in Berlin. Ihre Tochter besucht ebenfalls die Willkommensklasse. Sie ist sehr glücklich und dankbar, dass sie in dieser schweren Zeit etwas Sinnvolles tun kann.
Josephine Brunnhuber ist dankbar, dass sie diese beiden Lehrkräfte für die geflüchteten Kinder hat. Sie räumt ein, dass es auch Momente des Zweifels gab: »Ich habe mich zwischendurch gefragt, warum tue ich mir das an?« Die Herausforderungen nach zwei Jahren Pandemie seien noch nicht überstanden. Die Ukraine-Krise im Hinblick auf die Flüchtlingswelle mit all ihren Konsequenzen womöglich erst am Anfang. »Aber das Herz hat eindeutig gesiegt. Ich möchte den Kindern eine unbeschwerte Zeit so gut es geht ermöglichen«, erzählt Brunnhuber, »und ohne die Hilfe des gesamten Schulteams, das flexibel agiert und den Mehraufwand auffängt, des SV Ruhpolding mit dem Spendenlauf und des örtlichen Helferkreises für die Ukraine, der die Schulsachen gespendet hat, wäre es gar nicht möglich gewesen,« fährt die Schulleiterin fort.
Bürgermeister Justus Pfeifer sprach im Namen der Gemeinde »einen großen Dank für das enorme Engagement unserer Grund- und Mittelschule« aus. Es mache Mut und Hoffnung, »dass wir gemeinsam die Krise bewältigen können. Alles, was den Geflüchteten jetzt in dieser schwierigen Situation Halt bietet, ist eine große Hilfe.«
fb