»Genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Ohne großes Aufsehen, dafür recht zünftig und herzlich«, schildert der Jubilar den denkwürdigen Tag mit vielen Gratulationen und fügt noch hinzu: »Remmidemmi hatte ich im Leben genug.« Was man dem überaus agilen »Neunziger« ohne Übertreibung bestätigen kann.
Lokalpolitik hält offenbar fit. Dass er sich trotz seines hohen Alters immer noch im Ortsgeschehen engagiert und dafür einsetzt, verdient allerhöchsten Respekt. Erst kürzlich hatte der Historische Verein, dessen Vorsitzender er seit 2011 ist, mit dem Arbeitskreis die Sonderausstellung »100 Jahre Waldbahn Ruhpolding – Reit im Winkl« in der Alten Schule auf die Gleise gestellt und mit 2000 Besuchern erfolgreich durchgezogen. An vorderster Spitze stehen, Verantwortung übernehmen, Kontakte knüpfen – drei Eigenschaften, die sich wie ein roter Faden durch Herbert Ohls Leben ziehen. Nach seiner Ausbildung zuerst im Malerhandwerk, dann zum Kaufmann und Drogisten mit Gründung des Reformhauses an der Hauptstraße, trat Herbert Ohl 1969 in den CSU-Ortsverband ein und wurde zwei Jahre darauf zu dessen Vorsitzenden und zugleich in den Gemeinderat gewählt. Als Vizebürgermeister fungierte er von 1974 bis 1978. Im selben Jahr setzte er sich in der Stichwahl gegen den bisherigen Amtsinhaber Franz Schneider durch und blieb drei Wahlperioden lang Erster Bürgermeister bis 1996. Viele Projekte wurden in seiner Amtszeit angeschoben und verwirklicht, so unter anderem die Schulhaus-Erweiterung, die Neubauten Kindergarten und Feuerwehrhaus, Beginn der Dorfgestaltung, die Radwegeverbesserung an allen Zufahrten zum Ort, die Trasseneinigung zur Ortskernumfahrung (Schloss-Tunnel) und vieles mehr.
Auf seine Initiative gehen auch die Gründung der »Stiftung für unser Dorf« sowie die Partnerschaft mit Ihringen am Kaiserstuhl zurück. Zeit seines erfüllten Lebens legte er Wert auf die Unterstützung der örtlichen Vereine und die Förderung des Wintersports, insbesondere als Skiclub-Vorsitzender und OK-Präsident bei 13 Biathlon-Weltcups und drei Weltmeisterschaften. Gerne erinnert sich der Jubilar auch an die über 800 Trauungen, die er als Standesbeamter vollziehen durfte. Sechs Jahre saß Herbert Ohl zudem für die CSU im Kreisrat. 1996 ernannte ihn seine Heimatgemeinde zum Altbürgermeister.
Seit dem Tod seiner Frau Regina 2016 lebt er allein im Haus unweit des Wittelsbacher Schlosses. Langeweile ist für den Lokalpolitiker im Ruhestand nach wie vor ein Fremdwort, denn die Tage sind ausgefüllt mit Lesen, Tagebuch schreiben und im Internet surfen. So verfasste er im Verlauf der Jahre an die 300 historische Artikel. Wie er es geschafft hat, mit 90 Jahren noch so gesund zu sein? Ganz einfach: »Entscheidend war, dass ich vor 77 Jahren aufgehört habe zu rauchen. Wohlgemerkt vor 77, nicht mit 77 Jahren«, verrät er mit einem Augenzwinkern, das ganz seinem Naturell entspricht.
ls