Sie hat Hans Nothegger zum 50. Geburtstag ein Braukit geschenkt. »Zuerst habe ich gedacht: 'was soll ich mit einem Abfalleimer? Ich hab' doch schon einen'«, erinnert sich Hans Nothegger an das Präsent. Doch dann hat er den Behälter näher unter die Lupe genommen und wenig später mit einfachsten Mitteln sein erstes eigenes Bier gebraut. Das ist nun fast 20 Jahre her.
Mittlerweile hat er sich reingefuchst in die Thematik, viele Bücher gelesen und eine Prüfung zum Bierconnaisseur abgelegt. Nicht, weil ihm Zertifikate wichtig sind, sondern weil er alles aufsaugt, was mit Bierbrauen zu tun hat. »Das waren zwei super spannende Tage in Bamberg«, sagt der Reit im Winkler. »Bierbrauen ist eine Wissenschaft. Da gibt es so viel Interessantes und immer wieder Neues zu entdecken.« Viel Platz hat er nicht für sein Hobby. Im Waschraum eines Mehrfamilienhauses, in dem der 67-Jährige mit seiner Frau Barbara wohnt, ist auf wenigen Quadratmetern seine Brauecke eingerichtet.
Im ersten Schritt kommen Malz und Wasser in den Braumeister. »Eingemaischt wird bei 40 bis 50 Grad«, sagt Hans Nothegger. Der Edelstahlbehälter hat im Inneren eine Heizspirale und besteht aus zwei Fächern. Dort kommen zunächst Wasser und Gerstenmalz hinein. Seine Nachbarn stören sich nicht an dem geruchsintensiven Hobby. »Im Gegenteil. Die kommen gerne mal runter zum Schauen«, sagt Hans Nothegger.
Doch eigentlich ist er am liebsten allein im Keller, wenn gebraut wird. »Da brauche ich meine Ruhe«, betont er. »Das ist nichts, was man zusammen machen kann.« Der Reit im Winkler muss sich konzentrieren. Er führt während der Brauprozedur streng Protokoll, jeder Schritt wird dokumentiert – über Stunden. »Damit ich weiß, wo-ran es liegt, wenn etwas schief gelaufen ist.«

Der Sud muss nach dem ersten Schritt eine Eiweißrast von 20 Minuten einlegen, und dann eine zweite Rast, die Maltoserast – bei 65 Grad. Der Rentner, der Musiklehrer an der Musikschule in Grassau war, trinkt am liebsten Weißbier. Deshalb braut er obergäriges Bier. Bei 78 Grad wird abgemaischt. Dann wird das Gebräu noch einmal aufgekocht, bevor es dann ohne die Feststoffe in den Gärbottich kommt und auf 20 Grad abgekühlt werden muss. »Nun kommt die Hefe dazu«, sagt Hans Nothegger. »Hier muss man besonders aufpassen, denn in diesem Schritt kann am meisten passieren«, weiß der passionierte Brauer, der im Gemeinschaftsgarten auch seinen eigenen Hopfen anbaut.
Dieser wird bei 95 Grad ausgekocht. »Jedes Rezept ist anders. Da kann man viel experimentieren.« Doch eins kommt für den 67-Jährigen nicht in Frage: Versuche mit ausgefallenen Zutaten wie Ingwer, Zimt oder Lemongrass. »Ich braue nach dem Bayerischen Reinheitsgebot, auch wenn ich es natürlich nicht müsste. Bei mir kommen nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe rein.«
Im Gärbottich bleibt der Sud drei Tage, dann werden 50 Liter Bier in 100 Flaschen gefüllt. »Das Abfüllen ist weniger interessant und macht viel Arbeit«, sagt der Reit im Winkler und lacht. Doch auch das muss gemacht werden. Insgesamt darf er – wie jeder Hobbybrauer – maximal 200 Liter im Jahr brauen. »Das melde ich an. Diese Menge ist steuerfrei.« Wenn Hans Nothegger mehr machen würde, müsste er bezahlen. »Das wäre nicht so wild«, sagt er in Bezug auf die Kosten. »Aber mir reicht die Menge leicht. Ich braue meistens dreimal im Jahr.« Das sind 150 Liter eigenes Bier – das er gerne zusammen mit Freunden trinkt oder zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen und Hochzeiten verschenkt.
Getrunken werden kann das Bier nach dem Abfüllen – dem sogenannten Schlauchen – allerdings nicht sofort. »Vier Wochen lagere ich es bei acht Grad. Dann probiere ich.« Der Hobbybrauer schmeckt sofort, ob es soweit ist »oder noch ein, zwei Wochen braucht, damit es vollmundiger wird«.
Seine jüngste Kreation hat er »Reit im Winkler Alphornstoff« genannt – denn Hans Nothegger ist nicht nur leidenschaftlicher Hobbybrauer, sondern auch Alphornbläser. Das Besondere: Er hat dieses Mal eine Aroma-Hopfensorte von Bayerns höchstgelegenem Hopfengarten auf der Hindenburghütte dazu gegeben und fünf verschiedene Malze. Und er hatte einen Profi an seiner Seite. Den pensionierten Braumeister Johannes Schulters von der Fränkischen Bierakademie in Bamberg. »Er hat mir wertvolle Tipps gegeben«, sagt der Musiker – und fügt mit einem Lachen hinzu. »Und ich ihm. Denn das hier unten ist natürlich was ganz anderes als in einer großen Brauerei«, sagt er mit Blick auf sein Reich im Keller.
Ob der »Alphornstoff« etwas geworden ist? Das stellt sich erst in einigen Wochen heraus.
Klara Reiter