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Als Wirtin tief in der Heimat im Chiemgau verwurzelt, als Künstlerin stets neugierig auf andere Länder und Landschaften: Christine Dobler ist nach kurzer Krankheit im 70. Lebensjahr verstorben.

Künstlerin aus Leidenschaft

Sie gehörte zu den großen und herausragenden Künstlerinnen in unserer Chiemgauregion: Christine Dobler, die nach kurzer, schwerer Krankheit im 70. Lebensjahr verstorben ist. Kaum eine Künstlerin hat in der Region so konsequent, energisch und auch erfolgreich ihren künstlerischen Weg bestritten wie sie.


Christine Dobler war eine starke Frau und widmete ihre Arbeitskraft ihrer Gaststätte »Zur Post« in Tacherting, parallel dazu hatte sie sich mit gleichem Engagement der bildenden Kunst verschrieben, die ihr Lebensinhalt war. Sie hatte eine große und außerordentliche künstlerische Begabung im Zeichnen, die sie in ihren Zeichnungen sowie in der Druckgrafik und Malerei auf professionelle Weise umsetzte. So groß die Spannweite von Christine Doblers Interessen war, so vielfältig sind auch die Arbeiten.

Ihr Kunstschaffen war geprägt von der Wandlungsfähigkeit und dem Experimentieren mit unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Das reichte vom Erproben neuer Mal- und Farbtechniken und dem Einsatz verschiedener Materialien über das Zeichnen mit unterschiedlichen Stiften bis hin zur Anwendung verschiedener grafischer Drucktechniken. Die Dimension ihres Kunstschaffens reicht vom Gegenständlichen bis hin zur Abstraktion.

Dass ihr Wirken als Gastwirtin auf der einen Seite und die schöpferische Arbeit mit Bleistift, Radierwerkzeugen, Holzschneidewerkzeugen und Pinsel auf der anderen Seite zu einer großartigen, künstlerischen Verbindung gelangte, beweist ihr umfangreiches und facettenreiches Oeuvre, das in den vergangenen 45 Jahren mit verschiedenen Werkgruppen und Bilderzyklen entstanden ist. Mit ihren Exponaten ist sie über die regionalen Grenzen hinaus bekannt, besonders mit ihren Zeichnungen und ihren technisch perfekt gearbeiteten Grafiken.

Mit ihrem hervorragenden fotografischen Gedächtnis konnte Christine Dobler Eindrücke zu ausdrucksstarken Bildern werden lassen. Gegensätze bestimmen ihr Werk: Die Auseinandersetzung mit der Druckgrafik, dann wieder die vollkommene Proportion der Menschengestalt, ihre abstrakten Arbeiten und dann wieder die Beschäftigung mit der Natur, der Landschaft und Architektur. Sie begann mit Landschaftsstudien in der Zeichnung, dann im Aquarell, Pastell und Tempera und findet sich in Mischtechniken und Collagen sowie Drucktechniken wieder. Das Thema Mensch und die menschliche Figur zog sich in verschiedenen künstlerischen Phasen durch ihr langjähriges Kunstschaffen.

Christine Dobler wurde am 25. August 1949 in Tacherting geboren. Nach dem Schulbesuch absolvierte sie ihre Ausbildung in der Gastronomie an der Hotelfachschule und war seit 1978 selbstständige Wirtin. Bereits mit 25 Jahren im Jahr 1974 begann ihre intensive künstlerische Tätigkeit. Ihre Ausbildung erhielt sie im Privatunterricht in Zeichnen und Malerei bei Arnold Rogg, Dr. Leo Mol, Georg Huber und Waltraud Beck. Vor allem Dr. Leo Mol war ihr Mentor, bei dem sie mit unermüdlich beobachtendem Auge das Zeichnen lernte.

Im Gründungsjahr des Kunstvereins Traunstein 1983 wurde sie bereits im Oktober Mitglied, pflegte mit Sepp Binder eine langjährige, künstlerische Freundschaft und zeigte kontinuierlich in den Jahresausstellungen des Vereins ihre Arbeiten. In den Jahren von 1983 bis 1987 nahm sie am »Malersymposium Kloster Seeon« teil und erhielt 1987 den Anerkennungspreis der Gemeinde Seeon-Seebruck für Malerei. Ein Jahr zuvor hatte sie bereits den Förderpreis des Landkreises Traunstein für Malerei erhalten.

Ihre künstlerische Neugier und das Interesse an verschiedenen Drucktechniken führten sie in den Jahren 1993 bis 1995 und 2001 bis 2003 an die Internationale Akademie für bildende Kunst nach Salzburg sowie an die Kunstakademie Bad Reichenhall und an die Freie Kunst Akademie Augsburg. Ab dem Jahr 1988 nahm sie fortwährend an internationalen Maler- und Bildhauer-Symposien im In- und Ausland teil.

Ihre Werke waren seit 1980 in zahlreichen Einzel- und Ausstellungsbeteiligungen im europäischen Raum sowie auf Kuba (Havanna Art) zu sehen. Sie war Mitglied der Sezession Graz und der FMDK (Freie Münchner und Deutsche Künstlerschaft), bei deren Jahresausstellungen im Haus der Kunst und im Ägyptischen Museum in München sie ihre Werke präsentierte. 1988 eröffnete sie ihre eigene Werkstattgalerie in Tacherting und in der Zeit von 1988 bis 1992 veranstaltete sie Malertage und Symposien mit Künstlerkollegen. Seit 2004 präsentierte sie wiederkehrende Ausstellungen in der eigenen »Galerie im Salzstadel«.

Ein äußerst fruchtbarer, intensiver und freundschaftlicher künstlerischer Austausch bestand mit den Künstlern Horst Reichle und Renate Polzer. Das »Trio« Dobler-Reichle-Polzer stellte gemeinsam 1996 im Kulturzentrum Traunstein aus sowie 1999 unter dem Titel »Begegnungen« bei Wacker Chemie in Burghausen.

Es ist erstaunlich, wie Christine Dobler als Künstlerin ihr Werk langsam, aber unbeirrt und mit gleichbleibend hoher Qualität weiterentwickelt hat. Linie-Fläche-Farbe – so könnte man die künstlerische Intention umschreiben, mit der sich die vielseitige Künstlerin zeitlebens auseinandersetzte. Fast zeitgleich zur Zeichenkunst erweckte die Druckgrafik ihr Interesse. Experimentierfreude und die Entdeckungen neuer Kombinationen und technischer Möglichkeiten faszinierten sie dabei besonders.

Es entstanden in den letzten 15 Jahren überwiegend Farbradierungen und seit 2012 Farbholzschnitte. Ihre Themen und Sujets stammen oftmals aus ihrer unmittelbaren Umgebung, aber auch biblische Szenen, Tiere, Fabelwesen und Fantasiegestalten sowie Figuren, naturhafte Strukturen, Bäume oder abstrakte und geometrische Formen sind in ihren Blättern präsent. Motivisch erarbeitete sie sich im Laufe der Jahre ein typisches Repertoire und viele Zyklen wie »Zauberwelten«, »Kreislauf des Lebens« oder »Zeitreisen«, die sie in zahlreichen Varianten formulierte.

Die Blätter zeichnen sich durch einen sehr persönlichen Stil und eine persönliche Technik aus. Sie selber sagte: »Jeder Druck ist ein Abenteuer, man weiß vorher nie ganz genau, was am Ende entsteht.« Besonders fruchtbar waren auch ihre Auslandsreisen, bei denen sie immer ihre Malutensilien mitnahm und an Ort und Stelle malte. Es entstanden Werke mit Motiven aus China, Kuba, Schweden, Zypern, Marokko und den Kanarischen Inseln. Die letzte Ausstellung im Salzstadel fand 2018 statt zusammen mit Ihrer Künstlerkollegin Ninon Voglsamer aus München und Christoph Haußner.

Doblers künstlerische Arbeiten sind stets ergreifend und prägen sich faszinierend ein. Mit ihrem Engagement für die Kunst und mit ihren Exponaten hat sie sich eine unvergessliche Position als Künstlerin in unserer Region geschaffen. Mit Christine Dobler hat der Chiemgau eine hervorragende Künstlerin und einen wertvollen Menschen verloren. Ihr Lebenswerk wird für die Nachwelt unvergessen bleiben. Gabriele Morgenroth