Wirnshofer führte auch an, dass das Landschaftsbild sich durch die Rodung von etwa vier Hektar Wald zum Nachteil verändern würde und der Erholungswert des Waldes auf Jahrzehnte verloren ginge. Zudem würde es sich um Kiesabbau außerhalb der im Regionalplan Südostoberbayern ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete handeln, auf die sich der Abbau von Bodenschätzen konzentrieren sollte.
Diese Argumente und die ablehnende Haltung des Gemeinderats scheinen beim Landratsamt Traunstein keine Wirkung erzielt zu haben, denn wie der Rathauschef in der jüngsten Gemeinderatssitzung im Beisein von besorgten Bürgern mitteilte, habe die Landkreisbehörde der Gemeinde am 22. Dezember schriftlich mitgeteilt, dass es sich um ein »privilegiertes Vorhaben« handle, das zulässig sei, weil diesem keine öffentlichen Belange entgegenstünden.
Das Landratsamt verwies in seinem Schreiben auf die Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde und des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Traunstein, die keine Bedenken gegen die Abgrabung vorgebracht hätten, sowie auf jene des Immissionsschutzes beim Landratsamt und des Wasserwirtschaftsamts Traunstein, die nur Rückfragen und kleinere Forderungen zur Planungsanpassung gestellt hätten. Zudem argumentierte das Landratsamt, dass man es im angedachten Rodungsgebiet mit einer Fichtenmonokultur zu tun habe und der dortige Hochwald die Einsehbarkeit in den nördlichen Abbaubereich verhindern würde. Die Aufschüttung der Wälle und deren Bepflanzung mit Sträuchern gewährleisteten ein Einfügen in das Landschaftsbild und den erforderlichen Sichtschutz.
Abschließend bat die Landkreisbehörde den Gemeinderat um Erteilung des Einvernehmens zum Kiesabbau, da die Argumente der Gemeinde »rechtlich nicht haltbar« seien. Sollte das Gremium dem nicht nachkommen, werde man das fehlende gemeindliche Einvernehmen als Bauaufsichtsbehörde ersetzen.
Außer Bernhard Hennes (BG) stimmten alle Räte dagegen (16:1). Die wirtschaftlichen Interessen der Firma Rohrdorfer seien verständlich, man könne dem Ganzen aber im Sinne der Bürger nicht zustimmen, so Dr. Martin Brunnhuber (BG).
Vor der Abstimmung hatte sich Franz Kreiler (BG) die Frage gestellt, warum man eigentlich im Gemeinderat sitze, dort nach bestem Wissen und Gewissen zu Entscheidungen komme und man dann einfach von oben überstimmt werden könne. Zudem kritisierte er die fehlende Transparenz und Informationspolitik der Firma, die schon im vergangenen Jahr zu einer öffentlichen Info-Veranstaltung hätte einladen sollen und nicht erst heuer. »Jetzt ist es aus meiner Sicht ein Monolog von ihrer Seite und kein Dialog mehr mit den Bürgern, da ja alles schon entschieden ist«, ärgerte sich Kreiler. Der Geschäftsführer der Firma Rohrdorfer, Harald Schilly, entgegnete, dass er mehrmals in der Gemeindeverwaltung zu Gesprächen gewesen sei und man sich auch mit den direkt betroffenen Bürgern persönlich ausgetauscht habe.
Waltraud Hübner (CSU) zeigte sich ebenfalls schwer enttäuscht, allerdings auch deshalb, weil man fünf Jahre in dem Glauben gelassen worden sei, als Gemeinderat das Kiesabbauvorhaben verhindern zu können. Sie fragte an, ob man sich zumindest auf eine andere Zufahrt einigen könnte als die geplante, die westlich des Anwesens Kraimoos 40 die Staatsstraße 2095 in Richtung Norden verlassen würde. Rathauschef Wirnshofer verwies hier auf das fehlende Einverständnis von Grundstücksbesitzern, um eine alternative Zufahrt in Richtung Südosten verwirklichen zu können, welche dann in die Kreisstraße TS 2 münden würde.
Von jeweils 20 zu erwartenden Zu- und Abfahrten von Lkw pro Werktag vom und zum Kieswerk/Betonmischwerk der Firma Rohrdorfer bei Brodeich südlich von Erlstätt, sprach Schilly auf Nachfrage. Im Antrag sei aber von 20 bis 30 Lkw-Bewegungen, die Rede, warf Josef Austermayer (FW) kritisch ein. Es gebe sehr wohl öffentliche Belange, die diesem geplanten Kiesabbau entgegenstünden, betonte Andreas Danzer (FW), verwies auf noch nicht abgebaute Kiesabbau-Flächen rings um Erlstätt und forderte einen »geordneten Kiesabbau«. Zudem befürchtete er eine »Verschandlung der Landschaft«. Danzer, der auch stellvertretender Landrat ist, appellierte an die Gemeinde, nochmals das Gespräch mit dem Landratsamt zu suchen. Wirnshofer und Bauamtsleiterin Birgit Schult-heiss versicherten, sich zeitnah um einen Termin zu bemühen.
Vor dem Hintergrund des Gegenwindes aus dem Gemeinderat und seitens der Erlstätter und Kraimooser Bürger, die eine noch größere Verkehrsbelastung samt Lärm und Dreck befürchten, meinte Schilly, dass man das Kiesabbauvorhaben »nicht auf Biegen und Brechen durchsetzen« wolle, sondern in solchen Fällen immer versuche, Kompromisse zu finden.
Bürgermeister Wirnshofer appellierte an die Bürger, die Info-Veranstaltung der Firma am 9. Februar im Gasthaus Kraimoos zu besuchen. Während es oben im Schlossökonomiesaal mit der nichtöffentlichen Sitzung weiterging, debattierten einige Besucher im Erdgeschoß lebhaft mit den beiden anwesenden Vertretern der Firma Rohrdorfer weiter. Das letzte Wort ist in dieser Sache offenbar noch nicht gesprochen. Fortsetzung folgt.
mmü