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Die Rettungsgondel wird in enger Zusammenarbeit zwischen dem Personal der Hochfelln-Seilbahn und Helfern der Bergwacht Bergen zusammengebaut und in die Trageseile eingehängt. Foto: Bergwacht Bergen

»Was passiert eigentlich, wenn die Hochfelln-Seilbahn mal stehenbleibt?«

Bergen – »Was passiert eigentlich, wenn die Hochfelln-Seilbahn mal stehenbleibt?« – So mancher Tourist und sicherlich auch der ein oder andere einheimische Nutzer der Hochfelln-Seilbahn mag sich diese Frage schon einmal gestellt haben, als er dem Gipfel des Hochfelln oder der Talstation in Bergen entgegengeschwebt ist.


Das ist eine Frage, der sich natürlich auch das Personal der Seilbahn und die aktiven Mitglieder der Bergwacht-Bereitschaft Bergen stellen müssen. So ist das Darstellen einer solchen Situation und das entsprechende Einleiten und Üben von dann notwendigen Hilfsmaßnahmen auch fester Bestandteil der regelmäßigen Ausbildung der Bergwacht gemeinsam mit dem Personal der Hochfelln-Seilbahn.

Daher stand diese Ausbildung auch am Freitag, 14. Oktober, wieder einmal auf dem Dienstplan und wurde unter der Leitung von Gunter Brandies, Betriebsleiter der Hochfelln-Seilbahn, und Christian Schmitz, Ausbildungsleiter der Bergwacht-Bereitschaft, durchgeführt.

Dabei lag der Übung folgende angenommene Lagesituation zu Grunde: »Etwa 400 Meter vor Einfahrt der Gondel in die Talstation ist diese auf Grund eines technischen Defektes circa 50 Meter über Grund stehen geblieben. Eine Reparatur beziehungsweise Behebung des Schadens ist mit eigenen Mitteln der Bahn kurzfristig nicht zu gewährleisten. Die Gondel ist mit gut 30 Fahrgästen besetzt, niemand ist verletzt, es herrscht eine gespannte, nervöse Atmosphäre, bisher noch keine Panik. Der Betriebsleiter entscheidet sich wegen der noch nicht absehbaren Reparaturzeit und der einsetzenden Dämmerung zur Evakuierung der Fahrgäste aus der Gondel.«

Für einen solchen Fall wird in der Talstation und in der Mittelstation jeweils eine sogenannte Rettungsgondel bereitgehalten, die in enger Zusammenarbeit zwischen dem Personal der Hochfelln-Seilbahn und Helfern der Bergwacht Bergen zusammengebaut und in die Trageseile eingehangen wird. Diese wird dann an einem extra Zugseil an die Fahrgastgondel herangefahren und kann so eng mit dieser verbunden werden.

Durch Öffnung der hinteren oder vorderen Seite der Fahrgastgondel kann dann eine unmittelbare Verbindung zwischen den beiden Gondeln hergestellt werden. So kann mit dieser Rettungsgondel benötigtes Personal (zum Beispiel ein Arzt) oder auch notwendiges Gerät (etwa Abseilgerät, Medikamente) in die Fahrgastgondel gebracht werden. Im Gegenzug können Personen aus der Fahrgastgondel in die Rettungsgondel umsteigen und mit dieser zu Tal gebracht werden.

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Die Rettungsgondel wird mit den Helfern an die Fahrgastgondel herangefahren. Foto: Bergwacht Bergen

Dieses relativ aufwendige Verfahren nimmt auch bei einem gut eingespielten Team einige Zeit in Anspruch und es ist Sache des Begleitpersonals in der Fahrgastgondel, so lange beruhigend auf die Fahrgäste einzuwirken, um aufkommende Panik zu verhindern.

Parallel dazu gibt es auch die Möglichkeit, Fahrgäste über eine circa 50 Zentimeter mal 50 Zentimeter große Bodenaustiegsluke mit einem in der Bahn zu befestigenden Abseilgerät auf den Boden abzuseilen – bei einer Höhe der Gondel von teilweise über 100 Metern Höhe über dem Boden eine äußerst luftige und für nicht klettergewohnte Fahrgäste eine sicherlich tief beeindruckende und einigen Mut erfordernde Angelegenheit.

Beide Verfahren werden durch das Personal der Hochfelln-Seilbahn und der Bergwacht immer wieder geübt. Die Gondel konnte so nach rund zwei Stunden geleert und alle Insassen wohlbehalten zur Talstation gebracht werden.

In den über 30 Betriebsjahren der Hochfelln-Seilbahn seit August 1970 (untere Sektion) beziehungsweise Januar 1971 (obere Sektion) mussten diese Verfahren erst zweimal angewendet werden. In beiden Fällen konnten alle Fahrgäste wohlbehalten geborgen und zur Talstation gebracht werden. Diejenigen, die damals abgeseilt worden sind, werden bestimmt noch ihren Enkeln davon erzählen! 

Christian Nietsch