Bergen – Mit dem höchst aktuellen und präsenten Titel »Im Wandel der Zeit« ist die derzeitige Ausstellung im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus in Bergen umschrieben, in der Gemälde und Grafiken aus vier Jahrzehnten des im Jahr 2003 verstorbenen Künstlers Walter Lederer gezeigt werden, die seine Witwe Sophie Lederer zur Verfügung stellt.
Die sehr gut besuchte Vernissage, mit klassischer Musik begleitet, wurde von Pfarrer Rudolf Scheller eröffnet und im Anschluss ließ Horst Babinsky, ein enger Freund von Walter Lederer, dessen künstlerisches Wirken Revue passieren. Wo immer für die Kunst im Chiemgau eingetreten wurde, ließen sich auch Spuren von Lederer finden, sagte der Laudator. Somit zählt Walter Lederer mit seinen Werken zu den bekanntesten und beachtetsten Persönlichkeiten in der Künstlerlandschaft Chiemsee und weit darüber hinaus. Laut Babinsky befinden sich über 800 Arbeiten Lederers im privaten und öffentlichen Besitz sowie in Museen.
Walter Lederer war in seiner Konsequenz und Ausdauer eine der großen Einzelfiguren unseres Landkreises. Ein Blick zurück zeigt, dass in über 50 Jahren ein umfangreiches Oeuvré entstanden ist, in das die Bergener Präsentation mit insgesamt 17 Arbeiten aus den 1961 bis 2000 einen kleinen Einblick gewährt.
Walter Lederer wurde 1923 in Schönbach bei Asch im Egerland geboren und starb 2003 in Übersee am Chiemsee. Er war Kriegsteilnehmer, 1946 unmittelbar nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft begann er als 23-Jähriger sein Studium an der Münchener Akademie bei Professor Willi Geiger. Dieser besaß ein Haus am Chiemsee, wo für Lederer und für weitere Kunststudenten der praktische Unterricht stattfand.
Auch Lederer übersiedelte nach Übersee, wo er sich 1966 sein eigenes Atelier einrichtete. Es folgten Aufträge für »Kunst am Bau« und viele Ausstellungen, wie im Haus der Kunst in München, wo Lederer selbst als Juror tätig war. Schon früh besaß Lederer eine besondere Beziehung zum bildenden Material und erweiterte damit das Arsenal künstlerischer Gestaltungsmittel.
Als freischaffender Künstler löste er sich früh von der expressiv realistischen Kunst seines Lehrers Willi Geiger und ging immer wieder neue Wege in seinem künstlerischen Schaffen. Ständig rang er um neue Ausdrucksformen. In seiner Kunst war er Zeit seines Lebens ein Suchender. Sein wuchtiges Werk reicht von naturhaft-vegetativ-figurativen bis hin zu streng geometrischen Formulierungen, das auch Visionen und Schwermut ausdrückt.
Er experimentiert ein halbes Jahrhundert hindurch mit einer immer mehr abstrahierenden Bildikonik. Dabei vermischen sich in Lederers Arbeiten Natur und Geometrie, Klarheit der Form sowie Ästhetik der Anordnung. In seinem frühen Gemälde mit dem Titel »Ruhende Antilopen« von 1961 ist dies deutlich zu erkennen. Bemerkenswert ist auch das zweite ausgestellte Tiergemälde, »Fliehendes Pferd« von 1966. Walter Lederer konnte buchstäblich alles: Er malte, zeichnete, schuf Grafiken, montierte Assemblagen und formte Skulpturen. Als Künstler entwickelte er seine eigene Bildsprache mit Formen, Zeichen und Symbolen, die Harmonie und Ruhe ausstrahlen.
Bereits in dem ausgestellten Bild »Vision 2000«, das er 1965 malte, deutete er das Aussterben von 13 Vogelarten an. Auch im Bild »Umwelt« aus dem Jahr 1974 beschäftigt er sich intensiv mit der Problematik drohender Naturzerstörung und bringt dies äußerst gekonnt zum Ausdruck. Mit der Leuchtfülle der Farben gelang es ihm, das Formgefüge zu vitalisieren, so im Bild »Die blauen Berge« von 2000.
Auch beschäftigte sich Walter Lederer zeitlebens mit der Kunst von Naturvölkern überwiegend aus Afrika und fertigte zahlreiche Zeichnungen davon an, wie die in der Ausstellung präsentierte Zeichnung mit dem Titel »Afrikanische Maske«. Lederer liebte die Wahrheit, darum wirkt seine Kunst auf uns wie ein transparentes Geschöpf, durch das der Blick hindurchgeht und aufatmen lässt in einem Gefühl der Freiheit.
Die äußerst sehenswerte Ausstellung ist bis 25. September zu sehen und noch am morgigen Freitag, Samstag und Sonntag von 14 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.
Gabriele Morgenroth