Weniger bekannt als Max Beckmann, Oscar Kokoschka oder Pablo Picasso, aber ebenso auf der Liste der verfemten Maler im so genannten »Dritten Reich« war Karl Meisenbach, der von 1898 bis 1976 lebte.
Als Student der Akademie der Bildenden Künste in München war er Meisterschüler von Carl Caspar, Mitglied der Münchner Secession (wie zum Beispiel auch Julius Exter) und erhielt 1928 den renommierten Albrecht Dürer Preis der Stadt Nürnberg.
Nach Arbeits- und Berufsverbot durch die Nazis zog sich Karl Meisenbach aus München und dem Kulturbetrieb aufs Land zurück. Zunächst lebte er mit seiner kleinen Familie in ärmlichen Verhältnissen in Gstadt, dann in Feldwies, Baumgarten. Schließlich fanden die Meisenbachs in Bauernhöfen in Staudach-Egerndach Unterkunft. Hier lebten sie von 1941 bis 1951, wenn sich auch nur wenige Käufer fanden, die selbstbewusst genug waren, Bilder des von der Regierung »verbotenen« Malers zu kaufen.
Im inzwischen von interessierten Kreisen sehr bekannten Atelierfenster von Carsten Lewerentz ist nun eine neue Ausstellung mit größtenteils in Staudach-Egerndach entstandenen Bildern von Karl Meisenbach zu sehen. Aus den Jahren, 1942/43 stammen die beiden expressiven Ölgemälde mit Motiven bäuerlichen Lebens, die die Familie Starflinger für diese Ausstellung zur Verfügung stellte. Beide sind hier erstmals öffentlich zu sehen.
In Meisenbachs ganz eigenem, stark ausdrucksvollen Malstil hält der Künstler die Arbeit eines pflügenden Bauern vor den Chiemgauer Bergen fest. Das andere ist ein Pferdeporträt eines Tieres, das seinen Kopf wie schützend über ein liegendes Fohlen hält. Als verfemter Maler ließ er zu der Zeit in seinen Bildern »eine Gegenwelt entstehen, die ihm half, mit ihrer vitalen Leuchtkraft die Mühen und Bedrängnisse des Alltags zu ertragen«, so die Kunsthistorikern Gisela Hesse.
Die zehn Jahre im Chiemgau waren für Meisenbachs künstlerische Entwicklung dennoch zweifellos eine Zeit »innerer Emigration« mit Stillstand und Entbehrungen vieler Art. Darauf könnte auch das dritte Bild im Atelierfenster, »Citron naturel«, hinweisen, das 1951 entstanden ist: Auf dem fast leeren schwarzen Bauerntisch sind lediglich Zitronen und ein Wasserglas zu sehen. Diese könnten für den Maler in der Rückschau symbolhaft diese entbehrungsreichen Jahre bedeuten. Gleichzeitig weist dieses Bild in seiner neuen Formensprache bereits auf den Aufbruch des Künstlers zu seiner weiteren künstlerischen Entwicklung. In seinem Spätwerk vereinfachen, reduzieren und ab-strahieren sich Formen und konzentrieren sich auf das Wesentliche. Landschaften, Gestalten und Interieurs werden zu geistigen Bildern des Lebens.
Nach dem Krieg nahm Karl Meisenbach an der ersten deutschen Kunstausstellung 1946 in Prien teil, ab 1949 bis 1976 regelmäßig an den Kunstausstellungen im Haus der Kunst in München. Ab 1951 erhielt er den Ehrensold der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Die Ausstellung im Atelierfenster, der »kleinsten Galerie der Welt« – an der Hauptstraße 31 – ist bis 23. Oktober täglich zu sehen. Das Fenster ist in den Abendstunden von 16 Uhr bis 23 Uhr beleuchtet. Es liegt ein Heft für die gern gesehenen Kommentare der Betrachter und zum Dialog mit dem Initiator und Betreiber des Atelierfensters aus. Christiane Giesen