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Frau Christa und ihr treuer Diener Franz-Josef feiern den 100. Geburtstag der Traunsteiner Kulturfabrik NUTS, einer altehrwürdigen Institution in der Großen Kreisstadt. (Foto: Ortner)

Wenn Frau Christa und die Traudl sich an alte Zeiten erinnern ...

Das Jahr 2019 stand für die Kulturfabrik NUTS ganz im Zeichen des 20-jährigen Jubiläums. Dementsprechend bunt und hochwertig war auch das bunt gemischte Programm das ganze Jahr über.


Bevor es ab Februar 2020 in das 21. Jahr hinübergeht, wollten sich Christa und Franz-Josef Fuchs ein weiteres Mal mit einem besonderen Stück als hervorragend eingespieltes »Theater-Team mit Pfiff« präsentieren. Experimentelle Gedankenspiele und die jahrzehntelange Liebe zum Klassiker »Dinner For One« ließen die Idee reifen, »etwas in der Art auf die Beine zu stellen«. Nur halt nicht nur eine weitere Adaption, sondern typisch bayrisch und mit Gästen aus dem engeren NUTS-Umfeld.

Herausgekommen ist eine herrlich schräge Komödie, die »den Füchsen« verdientermaßen viermal volles Haus bescherte. Nicht zuletzt auch wegen der gelungenen Improvisationen von Diener Franz-Josef, die jeden Abend zu einem besonders einmaligen Ereignis werden lassen. Das Publikum ist dabei nicht nur Zuseher, sondern teils unfreiwillig auch aktiver Mitspieler. Als Flaschen- und Mantelhalter, Kerzenausblaser oder Kochtopf-Deckel-Aufsicht bekommen die Gäste verantwortungsvolle Aufgaben zugeteilt.

»TransChristian« im Nahverkehr

Die Ausgangssituation: Wir schreiben das Jahr 2099. Die Klosterkirche ist noch immer nicht fertig. Dafür hat sich für den Heilig-Geist-Steg endlich eine Lösung gefunden und er wird demnächst, zeitgleich mit dem »BER«(liner Flughafen) feierlich eröffnet. Die Parkplatz-Situation hat sich auch merklich entspannt, seit der »TransChristian« die Personenbeförderung vom Bahnhof zum Stadtplatz in fünf Minuten bewerkstelligt. Bundeskanzler Sigi Walch hat sein Amt niedergelegt und ist nach Traunstein zurückgekehrt – weil er das Bier vom Hofbräuhaus so schmerzlich vermisst hat. Das NUTS gibt es immer noch. Diese unverwüstliche Institution feiert heute ihren 100. Geburtstag. Frau Christa hat sich dazu vier ihrer engsten Weggefährten eingeladen und schwelgt bewegt in zahlreichen Erinnerungen, die so manche Anekdote zutage fördern wird.

Guter Geist des Hauses

Franz-Josef, der langjährige gute Geist des Hauses, bereitet wie immer gewissenhaft das Essen vor und kontrolliert den festlich gedeckten Tisch. Echte Gmundner Keramik, die Frau Christa zum 50. Geburtstag geschenkt bekommen hat, ziert die Tafel. Ein bisschen Polieren hier und Zurechtrücken da. Ein prüfender Blick auf den Biervorrat, Leberkas, Kartoffelsuppe und Kochplatte. Alles paletti. Der denkwürdige Auftritt von Frau Christa kann erfolgen. Sie lobt Franz-Josef für die gute Organisation und lässt sich ihre Gäste vorstellen.

Als da wären: Zu ihrer Linken Michael Altinger, Kabarettist, der es bis zum Vorsitzenden einer ebensolchen Vereinigung gebracht hat. Sein Lieblingssatz: »Mei, schee, dass i wieder do bin.« Frau Christa freut sich auch 80 Jahre später noch darüber, dass er zum 20-jährigen NUTS-Geburtstag nicht nur zum 50. Mal zu Gast war, sondern dass er sie auch gewissermaßen als »eine Mama« sehe. »Aber froh bin i scho, dass du dei Drohung, mir dei Wäsch zu bringa, nia wahr g'macht hast.«

Anschließend platziert ist Willi Schwenkmeier, Realschullehrer a.D., Historiker und Träger des Literaturnobelpreises für die Abhandlung von Thomas Bernhards Liebe zu Traunstein. Er ist dem NUTS verbunden als Schauspieler, Autor, Regisseur und stets unverdrossen die Geschichte Traunsteins erklärend. Von Adam und Eva bis zum Thomas Bernhard und dem »Krawall« von Ludwig Thoma, den sie »irgendwann mal« im NUTS so erfolgreich über Wochen gespielt hatten. Sein strammes hackenzusammenhauendes Motto: »G’sundheit!«

Gegenüber sitzt Traudl Wiesholler-Niederlöhner, dritte Bürgermeisterin a.D., Trägerin des bayerischen Verdienstordens für ihr außergewöhnliches soziales Engagement und langjährige Weggefährtin und Mitstreiterin von Frau Christa im Stadtrat. Sie schwärmt in den höchsten Tönen von den Zeiten »in denen wir soviiiiel bewegt haben«; wie etwa die Kneipentour und die Fahrten in die Partnerstadt Pinerolo. Ihr Prost: »Wenn i a kurz was sagen derf ….. i mecht aber ned politisieren….«

Und zur Rechten von Frau Christa sitzt ihr geliebter und hochgeschätzter Gatte Franz, der in späten Jahren noch zu großem Ruhm gelangte – als Abenteurer war er in jungen Jahren mit dem Lastwagen durch Saudi-Arabien und den Iran gefahren – heute ohne Navi und Handy undenkbar. Auch wenn er im NUTS selten sichtbar in Erscheinung tritt, ist er für Frau Christa eine unentbehrliche Stütze: als Kabarett-Scout und Vorkoster hat er für das NUTS schon so manche Perle entdeckt und empfohlen. Seine größte Freude: »Schee, dass i dabei sei derf. Dahoam triff i di eh ned!«

Franz-Josef meistert alles

Ein kleines Manko hat die Geburtstagsfeier allerdings: Frau Christa hat all ihre Gäste bereits um Jahrzehnte überlebt, sodass das Faktotum Franz-Josef in jede einzelne Rolle schlüpfen muss. Für ihn kein Problem, hatte er doch fast sein ganzes Leben lang Zeit, die Eigenheiten der Gäste zu studieren. Das Lachen Michi Altingers, den strammen Tonfall von Willi Schwenkmeier oder das einnehmend freundliche Wesen der dritten Bürgermeisterin und den Charme des weltgewandten Franz – er meistert alles.

Das muntere Geplapper der Hausherrin, das so manch verpackte Kritik und Anweisung enthält, pariert er mit einem stoischen »Ich weiß«, das ungefähr so viele Facetten beinhaltet wie das bayerische Universalwort »Jamei«, und immer für einen Lacher gut ist. Einzige Stolperfalle ist das bayerische Wildschwein, das genau im Laufradius des Butlers liegt. Allerdings scheint die Stolperfalle mitberechnet zu sein, denn weitaus mehr irritiert Franz-Josef, wenn er die Sau mal nicht trifft und dafür das Serviertablett irgendwo im Nirvana landet. Und natürlich die wiederkehrende Mahnung: »Dasselbe Prozedere wie letztes Jahr, Franz-Josef.«

Das gschmackige Zwickelbier entlockt ihm zwar einige heftige Rülpser, aber insgesamt kommt er mit dem Bierkonsum bei Tisch einigermaßen zurecht. Der Oberkandler-Schnaps zum Nachtisch allerdings, der in handbemalten Schnapskrügerln serviert wird, gibt ihm dann doch beinahe den Rest und so mancher Gast kann sich persönlich davon überzeugen, dass hier nicht mit Wasser geschummelt wird.

Ob Christa und Franz-Josef Fuchs es damit ins Fernsehen schaffen und so berühmt und unsterblich werden wie Freddie Frinton und May Warden, lässt sich heute noch nicht mit Sicherheit sagen, aber dass sie zumindest im Traunsteiner NUTS wiederkommen werden, ist schon mal klar.

Maria Ortner

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