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Silke Aichhorn und ihre Harfe können jede nur erdenkliche Art von leidenschaftlichen Tönen und Melodiereihen in großer Perfektion zaubern. (Foto: Ortner)

Wenn eine Musikerin auf Reisen geht, hat sie viel zu erzählen

Silke Aichhorn, Berufsharfenistin und in musikalischer Hinsicht Traunsteins internationaler Exportartikel Numero Eins, glänzt in der restlos ausverkauften Kulturfabrik NUTS einmal mehr mit einem fulminanten Programm. Diesmal mit der Premiere ihres neuesten Coups, einer »kabarettistischen Lesung mit Musik« mit dem blumigen Titel »Lebenslänglich frohlocken«.


Das Instrument der Engel

Natürlich ist die Harfe das Instrument der Engel und mit ihren klaren, feinen und ruhigen Tönen zum Frohlocken bestens geeignet. Meistens jedenfalls. Und je nachdem, wie man den Begriff »frohlocken« auslegen möchte. Denn das engelsgleiche Instrument kann auch frohlocken, weil es moderne Musik wie Jazz und Blues in feinen energetischen Schwingungen durch den Saal pulsieren lässt.

Egal, ob der lebhafte und quirlige Mozart, elegante Chansons, die Hochzeit aus der »Dritte Mann« oder die wilde, abenteuerliche Reise die Moldau hinab – stets zeigen Silke Aichhorn und ihr Instrument, dass sie mit engelsgleicher Geduld jede nur erdenkliche Art von leidenschaftlichen Tönen und Melodiereihen in großer Perfektion zaubern können. Auch Ausschnitte aus dem Lieblingsgenre Silke Aichhorns, der »Gruftmucke« (Nein, es geht hier nicht um Gothic-Rock, sondern das ist ihr Lieblingswort für ihr umfangreiches Musikhandbuch zur Umrahmung von Trauerfeiern) dürfen im Katalog der leidenschaftlichen und festlichen Darbietungen nicht fehlen.

Harfe hat mehrfach die Erde umrundet

Mehrfach haben Silke Aichhorn und ihre Konzertharfe den Erdball umrundet. Es dürfte außer den Polarregionen wohl keinen Kontinent mehr geben, den sie ausgelassen hat. Ein paar harte Fakten zeigen anschaulich, welcher Kraftakt dazu bisweilen erforderlich ist. Die Konzertharfe hat 47 Saiten, sieben Pedale, ist ca. 1,70 Meter hoch und wiegt etwa 40 Kilogramm. Auf die Vergoldung der Säule hat sie dankend verzichtet. Sie transportiert auch so einen satten fünfstelligen Betrag mit sich herum. Könnte dieses Instrument von seinen abenteuerlichen Reisen und Erlebnissen erzählen, uns würden wohl die Ohren übergehen. Diesen Part übernimmt hier die sympathische Harfenistin selbst, die auf höchst unterhaltsame, anschauliche und humorvolle Weise Geschichten und Anekdoten aus dem Leben und den Reisen einer Berufsmusikerin erzählt.

Das »rechtsrheinische Abenteuer« erzählt die Geschichte einer Bahnreise mit einigen Hindernissen. Zunächst noch gut im Zeitplan, aber doch noch ein ganzes Stück vom Zielort entfernt, zwingt eine Baustelle zu einer längeren Schienenrast. Die dadurch nötige, und mit einigen hilfsbereiten Muskelpaketen aus dem Schienengefährt erfolgte Verlegung der Harfe aus dem Zug über den Bahndamm hinab und hinauf zur Bundesstraße, erfordert Kraft, Geschick und Geduld. Es vergeht eine Ewigkeit, bis der sehnlichst erwartete Taxler doch noch auftaucht und seine wertvolle Fuhre in letzter Sekunde vor dem Konzertsaal ablädt. Mit Schminken und Warmspielen ist da nicht mehr viel los, angesichts des Happyends aber letztlich egal.

In vielen Fällen ist Flexibilität und Improvisationskunst gefragt, um diverse unvorhergesehene Herausforderungen zu meistern. Unter anderem auch im Umgang mit musikalischen Gestaltungswünschen bei Festlichkeiten der »Oberen Zehntausend«. Vor allem, wenn sich herausstellt, dass a) sich der Vorlauf rasend schnell von fünf auf drei Tage verringert und sich dabei die Vorstellungen etwa im Minutentakt ändern und b) der betriebene Aufwand und die gewünschte Aufgabe letztlich nur ein Randprodukt sind, und man viel Zeit, sehr viel Zeit hat, um das ganze Brimborium und Drumherum zu betrachten – und deshalb beinahe den einzigen Einsatz verpasst, der einem überhaupt zugestanden wird.

Harfenspielende Nonne

Äußerst unterhaltsam und anschaulich schildert Silke Aichhorn auch ihre Erfahrungen als harfenspielende Nonne beim Komödienstadl »Das Attenhamer Christkindl«. Der damals in Traunstein wohnende Regisseur Werner Asam glaubte an sie und ihre Fähigkeiten. Die berufsmäßige Darstellerriege tat sich dabei wahlweise mit »gut gemeinten« Ratschlägen und Tipps hervor, die zumindest verrieten, dass nicht allgemein bekannt war, dass der eigentliche Brotberuf ihrer Aushilfsdarstellerin der einer Berufsharfenistin war. Und auch die »Auszüge aus dem Mailverkehr mit einer angehenden Harfenistin« stellten Silke Aichhorn und ihre Harfe vor ungeahnte Herausforderungen, von denen die des Transports des 40-Kilo-Instruments durch diverse Burghöfe und mittelalterliche Steintreppen hinauf und hinab noch das scheinbar kleinste Problem sein sollten.

Mit Harfe, Weißwürsten und Brezen zum Papst

Und zu guter Letzt gibt es noch ein bisschen Heimat und bayerische Tradition im Vatikan. Die Harfenistin war eingeladen, zum Defilee bei der Papst-Audienz zu spielen. Vorangegangen war ihre »Entdeckung« beim alljährlichen Neujahrsempfang in der Münchner »Residenz«. Im Gepäck hatte sie in Rom nicht nur viel schöne Musik, sondern als Mitbringsel auch echte Traunsteiner Weißwürste und Brezen, deren Transport und Ankunft eine abenteuerliche Angelegenheit war. Und auch wenn die arme Harfenistin den legendären Monsignore Georg Gänswein nicht zu Gesicht bekam, wird ihr dieses einmalige Erlebnis immer im Gedächtnis bleiben.

Viel zu schnell vergeht der Abend mit den heiteren Anekdoten, aufgefrischt und untermalt mit wunderschöner, vielseitiger Harfenmusik. Allen Anwesenden ist klar, dass es sich dabei nur um einen Bruchteil der abenteuerlichen und aufschlussreichen Erlebnisse handelt, aber es ist ein herrlicher Querschnitt durch viele Lebenslagen und Silke Aichhorn versteht es vorzüglich, das geschickte Spiel und Jonglieren mit den Noten auch auf die Anwendung von Worten und Geschichten zu übertragen. Maria Ortner

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