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Mach uns den Mercury: Bastian Pusch und Andreas Speckmann schipperten notenlos durch alle Musikgenres. (Foto: Benekam)

Wenn Edith Piaf Haifischzähne wachsen

»Notenlos durch die Nacht« – was Helene Fischer vermutlich ganz schön im Dunkeln tappen lassen würde, lässt Bastian Pusch und Andreas Speckmann erst so richtig heiß laufen.

In ihrem noten(Blatt)losen Treiben improvisieren die beiden Musiker aus München durch alle Musikgenres. Und wer annimmt, die Beiden könnten sich dabei irgendwann auch einmal im falschen Liedchen verirren oder auf kompositorische Abwege geraten, der täuscht sich. Beim Konzert im Traunreuter k1 fand das Duo ein hoch kreatives Publikum vor.

Kurz sei erklärt, wie die interaktive Challenge abläuft: Man nimmt einen Hit, lässt diesen dann in unterschiedlichen Genres – von Klassik bis Jazz – erklingen und, um den Spaß auf die Spitze zu treiben, lässt sich, zur individuellen Variation per Zuruf aus dem Publikum, alle möglichen (oder unmöglichen) Interpreten oder Tonarten vorgeben. Beispiel: Kurt Weills »Moritat von Mackie Messer«, interpretiert von Udo Jürgens, Herbert Grönemeyer, Modern Talking oder Edith Piaf, ließ dem Haifisch Zähne aller erdenklichen Klang- und Stimmfärbungen wachsen – jazzig, rockig, poppig. Das wiederum ließ das Publikum vor Lachen die eigenen Zähne entblößen: Köstlich, wenn »der Haifisch« im französischen Akzent erklingt und der Sänger dazu mimisch-gestisch die Chansonnière imitiert.

Damit war aber der improvisatorisch-notenlose Unfug an zwei Keyboards und Schlagzeug noch lange nicht ausgereizt. Lassen sich doch die zugerufenen Klassiker auch zu unglaublich kreativen Medleys kombinieren: »Ich wollt‘ ich wär‘ ein Huhn« gackerte gegen »Dancing Queen« an, bis sozusagen »Marmor, Stein und Eisen bricht« – im dazu passenden Lichtorgelkonzert aus der Technik, eh klar.

Mick Jagger durfte auch ran, Rammstein (Pusch) röhrte wie ein brunftiger Hirsch zu Speckmanns ausufernden Schlagzeugeinsätzen. Des Weiteren war das Publikum gefordert, an einer Musicalproduktion mitzuarbeiten: Thema zum Plot, Text, Figuren und Kompositionen – das alles entstand exklusiv im Traunreuter k1. Aus ausgesprochen fruchtbarer Kooperation kam »Die Straßen von Wanne-Eickel. Kunst oder Leben« zur sofortigen Uraufführung. Ein echter Burner, der Furore machte. Wahres Talent braucht keine Noten.

Kirsten Benekam

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