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Der Bildhauer Marco Bruckner in seiner Ausstellung im Kulturforum Klosterkirche neben seiner Skulpturengruppe »Inklusion«. (Foto: Giesen)

»Wenn die Welt aus den Fugen gerät…«

Im Jahr 2017 ist der junge Bildhauer Marco Bruckner aus Nöstlbach bei Pittenhart durch sein »Luther-Projekt« weithin bekannt geworden.

Schon 2013 hatte er den Dannerpreis erhalten, 2018 bekam er den ARTS-Kulturförderpreis und 2021 die Nominierung für den Kunstpreis Deutschland 2021. Für den heute 25-jährigen Künstler zweifellos eine steile, vielversprechende Karriere. Derzeit stellt er bis einschließlich Mittwoch, 29. September, im Kulturforum Klosterkirche in Traunstein mehrere neue Arbeiten aus.

Neben den für Marco Bruckner so wegweisenden Luther-Skulpturen im Zentrum des ehemaligen Kirchenraums zeigt er sein neuestes Projekt »Inklusion«, gemeint ist Bildungsinklusion. Seine beherrschende Idee dabei ist es, dass jeder Mensch, gleich welchen Bildungsgrades, zur Gesellschaft gehören sollte. So stellt er mit seinen auf den ersten Blick eher klobig wirkenden, groben Holzfiguren die Bildungspyramide unseres Schulsystems dar: symbolisch die Förderschulen und »untersten« Schulen, die die Mehrheit der deutschen Gesellschaft besuchen, die Schulen für den »mittleren« Schulabschluss und schließlich die »Oberschulen«, die nicht mehr jeder schafft, also fürs künftige Leben »was Besseres« versprechen.

»Oft prägen die Schullaufbahnen die Menschen und drücken ihnen damit Stempel auf, zum Beispiel fest gefahrene Vorurteile«, sagt der Künstler. Er aber will mit seinem Kunstwerk ausdrücken, dass jeder Mensch – egal welche Schulbildung er hat – gleich viel wert ist und gleich wichtig für die Gesellschaft ist. »Jeder Mensch zählt, nur gemeinsam erreichen wir am meisten«, so Bruckner.

Er selbst wurde 1996 in Prien am Chiemsee geboren, machte schon als Kind erste künstlerische Gehversuche mit Zeichnungen und Holzarbeiten. »Die Schule war nicht so meins«, gibt er offen zu. Aber schon mit acht Jahren sei er mit seinem Opa, damals Landwirt in Pittenhart, gerne in den Wald gegangen, wo er seine Beziehung zu Natur und Holz entwickelte. Neben der Schule habe er schon als Jugendlicher Drechselarbeiten, Gebrauchsgegenstände und abstrakte Figuren gefertigt. Heute veranstaltet er in seinem Atelier in Pittenhart regelmäßig Ausstellungen und ist, sowohl was die Verbreitung seiner Werke anbetrifft als auch die stetige künstlerische Arbeit mit immer neuen Ideen, sehr aktiv.

Holzbildhauerschule in Berchtesgaden

2013 begann Bruckner seine Ausbildung zum Holzbildhauer an der Holzbildhauerschule in Berchtesgaden und beendete sie erfolgreich im Sommer 2016. Er präsentierte seine Arbeiten bereits in den unterschiedlichsten Städten und Gemeinden. In diesem Jahr stellt er nicht nur im Garten der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Übersee am Chiemsee aus, sondern im vergangenen Mai auch in der evangelischen Kreuzkirche in Hirschegg im Kleinwalsertal, im Juni in der Rathausgalerie in Siegsdorf, davor in der St. Nikolaus Kirche in Neuötting. Derzeit können seine Skulpturen aber auch auf dem Skulpturenweg in Bad Aibling und in Trostberg besichtigt werden.

»Jeder kann die Welt verändern«

Der Künstler legt in unserem Gespräch Wert darauf, dass es ihm immer nur um den Menschen geht, nicht etwa um Parteien, Konfessionen – evangelisch-katholisch oder sonst eine Religion. Luther habe ihn fasziniert, weil er ein Mensch »mit vielen Ecken und Kanten«, der sich aber nicht habe verbiegen lassen, sondern mutig und aufrecht für seine Überzeugung gekämpft habe. Das sei ein Vorbild für ihn. »Jeder Mensch kann, wenn er mag, die Welt verändern«, davon ist er überzeugt.

Marco Bruckner macht sich viele Gedanken um das derzeitige politische, gesellschaftliche und religiöse Leben und setzt seine Gedanken oft unmittelbar in seine Werke um. So lautet eine der in der Klosterkirche gezeigten vier Figurengruppen »Wenn die Welt aus den Fugen gerät«. Dabei beschäftigt sich der Künstler mit der Natur und den Menschen, die Natur und Tiere immer mehr aus ihrem angestammten Lebensraum verdrängen und ein gefährliches Ungleichgewicht zwischen Natur und Mensch entsteht.

Auch Bruckners Gruppe »Klimawandel« beschäftigt sich mit der wachsenden Industrialisierung und damit der Ausbeutung der Erde. Seine Skulpturen zeigen die Veränderungen des Klimawandels, denn die tiefen Furchen und Hohlräume der Skulpturen symbolisieren die Wunden der Erde. »Oben sitzt der Kopf und stellte den denkenden und handelnden Menschen dar«, sagt Bruckner. Die Figuren sind am Schluss schwarz verbrannt, je nach dem Grad der Färbung zeigen sie, wie die Welt immer zerbrechlicher wird.

Die sehenswerte Ausstellung im Kulturforum Klosterkirche, Ludwigstraße 10, ist noch bis 29. September, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 11 bis 17 Uhr und Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr geöffnet.

Christiane Giesen

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