Schon am Vormittag hatten die Musiker gemeinsam mit ihrem Kollegen Bastian Pusch, der am Abend nicht mit auf der Bühne stand, ein besonderes Konzert für Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen aus Traunreut und Traunstein gegeben. Dabei erklärten sie, wie Jazz funktioniert, zeigten seine Verbindung zu anderen Musikrichtungen und luden die Jugendlichen zum Mitmachen ein. Höhepunkt war, als vier Schülerinnen und Schüler selbst mit ihren Instrumenten auf Bühne kamen und mit den Söhnen gemeinsam improvisierten – ein lebendiges Beispiel für musikalische Neugier und Spielfreude.
Beginn als Schulband
Was einst als Schulband am Johannes-Heidenhain-Gymnasium Traunreut begann, ist heute eine musikalische Schicksalsgemeinschaft, die sich einmal im Jahr aufs Neue findet – auf der Bühne und im Saal. Die Musiker, inzwischen in ganz Deutschland verstreut – nur einer wohnt noch in seiner Heimatstadt – und in verschiedensten Projekten aktiv, kommen nur selten zusammen. Umso erstaunlicher ist es, wie mühelos sie beim Heimspiel in Traunreut wieder zueinander finden – als hätten sie nie aufgehört, gemeinsam zu musizieren. Diese besondere Verbundenheit war an diesem Abend nicht nur zwischen den Musikern, sondern auch mit dem Publikum spürbar: ein Gefühl von Vertrautheit, das alle über die Jahre hinweg verbindet.
Gänsehautmomente
Musikalisch stand der Abend diesmal ganz im Zeichen des Soul und Funk der 1960er- und 1970er-Jahre, die den roten Faden für die jazzige Interpretation bildeten. Vom funkigen »Blues Opener« (Vochezer/Rost) über Aretha Franklins »Until You Come Back« bis hin zu Marvin Gayes »Let’s Get It On« und »Let’s Stay Together« spannte die Band einen stilistisch dichten Bogen zwischen Groove, Gefühl und Improvisation. Auch Otis Reddings »Dock of the Bay« und Donny Hathaways »Love Love Love« sorgten für Gänsehautmomente, bevor mit »Ain’t No Mountain High Enough« ein mitreißendes Finale folgte.
Jelena Lovric (Gesang) und Roland Rost (Keyboard) aus Rosenheim ergänzten das Ensemble als Gäste und fügten sich nahtlos in den Sound der Band ein. Schlagzeuger Guido May und Sängerin Jelena Lovric betonten, wie außergewöhnlich gut das Zusammenspiel funktionierte – zumal sie alle nur eine gemeinsame Probe am Konzerttag hatten und zuvor nie zusammen aufgetreten waren. Dass daraus dennoch ein homogener, energiegeladener Klangkörper entstand, zeugte von hoher Musikalität und gegenseitigem Vertrauen.
Im Ensemble zeigten sich die »Söhne Traunreuts« in Topform: Christof Zoelch überzeugte mit kraftvollen Saxophon-Soli, Knud Mensing und Michael Vochezer sorgten mit ihren Gitarren für harmonische wie rhythmische Vielfalt, Hans Baltin legte am Bass das groovende Fundament und Guido May am Schlagzeug trieb die Band mit präzisem, druckvollem Spiel voran. Die beiden Gäste Jelena Lovric und Roland Rost ergänzten diesen Sound ideal: Lovric mit ihrer souligen Stimme, die emotionale Tiefe verlieh, und Rost mit virtuosem Tastenspiel, das für feine Übergänge und elegante Akzente sorgte. Gemeinsam formten sie einen dichten, lebendigen Bandsound, der das Publikum von der ersten bis zur letzten Note fesselte.
Weit über die Stadtgrenzen hinaus
Nach dem letzten Stück hielt es niemanden mehr auf den Sitzen: Das Publikum erhob sich zu Standing Ovations und feierte die Musiker minutenlang. Die »Söhne Traunreuts« zeigten einmal mehr, dass musikalische Wurzeln und Freundschaft die Zeit überdauern können – und dass Jazz aus Traunreut weit über die Stadtgrenzen hinaus klingen kann. fb


