Mit interessanten Hintergründen führten die Musiker abwechselnd durch den Abend. Dressler spielte meist auf einer sogenannten »Erzlaute«, die nach einem italienischen Vorbild von 1660 nachgebaut ist. Damit zum Erreichen der tiefen Töne keine extrem dicken Darmsaiten nötig sind – die Drahtumwicklung kam erst 1670 auf – setzten die Instrumentenbauer auf Länge (des Halses und der Saiten). Das Duo spielt oft von Faksimiles, also originalgetreuen Kopien historischer Noten, die nur aus Melodie, Basslinie und Generalbassziffern bestehen. Mit denen assoziiert der erfahrene Lautenist Akkorde. »Das ist wie im Jazz«, verriet Dressler am Rande. Er schätzt die Freiheit zu improvisieren, die dieser Musik ihre Leichtigkeit gebe: »Ein Stück klingt nie gleich.«
Etliche wenig bekannte Komponisten entdeckte das Duo Pföß-Dressler für sich, so den lange vergessenen Johann Adolf Hasse, 1699 in Hamburg geboren und 1783 in Venedig gestorben. Erst seit 30 Jahren erlebt Hasse eine Renaissance. Tänzerisch beschwingt eröffneten die Musiker den Abend mit seiner Sonata IV in G-Dur.
Mystischen Charakter hatte eine anonyme Komposition für Laute aus dem Stift Göttweig. Diesmal verwendete der Hamburger eine Barocklaute nach einem Vorbild aus der Zeit um 1700, für die auch Bach komponierte. Ihre Besonderheit und Schwierigkeit ist, dass die Bässe jeweils zweisaitig bespannt sind, wobei die zweite Saite jeweils eine Oktave höher ist und so den tiefen Ton aufhellt. Dies verstärkte die kontemplative Wirkung des Stücks. Wie stark die Verbindungen zwischen Süd und Nord waren, zeigten eine ausdrucksstarke Sonate des Italieners Francesco Geminiani, der später nach Dublin zog, und Stücke des blinden harfenspielenden irischen Barden Turlough O'Carolan. Dieser lernte bei Geminiani den »italienischen Stil«. In den Dankstücken für seine Gönner, die ihm das Überleben sicherten, verbinden sich die eingängigen Melodien und prägnanten Rhythmen irischer Folklore mit italienischem Barock. Bei den schnellen Stücken schien sich Pföß' beweglich und unangestrengt geblasene Traversflöte in eine übermütige »Tin Whistle« zu verwandeln. Dressler schlug dazu die Barockgitarre, auf der er bei einem getragenen Klage-Lied O'Carolans mit feinstem Streichen über die Saiten und anderen Zupftechniken in Bann zog.
Im sogenannten »galanten Stil« zwischen Barock und Klassik, mit kurzen Vorhalten und vielen Prallern, schrieb Pietro Locatelli seine an Dramatik reiche, mitreißend gestaltete Sonata VI in g-Moll. Glanzvollen französischen Barock präsentierte das Duo äußerst virtuos mit Michel Blavets »Sonata seconda in h-Moll«, ein Höhepunkt des Abends. In einer a-Moll-Suite von Johann Fischer verbanden sich drei Länder: eine gemessene deutsche Allemande, der spritzige englische Springtanz Gigue und ein elegantes Menuett im französischen Stil.
Seine solistische Brillanz zeigte Pföß bei einer sehr plastisch musizierten A-Dur-Fantasie von Telemann, der ersten von 12 Fantasien. Der Flötist ließ auf der weich und samten tönenden hölzernen Flöte, die nur eine Klappe hat und in jeder Tonart anders klingt, durch die virtuos dazwischen geblasenen tiefen Töne eine Art Zweistimmigkeit entstehen. Mit einer Zugabe, einem »Ground«, bei dem die Flöte zu einer sich ständig wiederholenden Bassfigur ähnlich dem heutigen Blues-Schema Variationen spielt, bedankten sich die Musiker für den kräftigen Applaus. Veronika Mergenthal