Wie Günther Sigl, Frontmann der legendären Münchner Bayrisch-Rocker, und seine Band in der ausverkauften Kulturfabrik NUTS in Traunstein anschaulich und höchst vergnüglich demonstrieren sollten, funktioniert Party und Lebensgefühl auch heute noch – und zwar generationenübergreifend. Der Abend war nicht nur eine schöne Liebeserklärung an München und den Rock 'n' Roll, sondern auch eine interessante und liebevoll vorbereitete Zeitreise durch die Welt der Nachkriegsmusik.
Es ist kaum zu glauben, aber Günther Sigl wird nächstes Jahr siebzig Lenze jung, die »Spider Murphy Gang« feiert ihr 40-jähriges Bestehen mit einem Doppelkonzert in der Münchner Olympiahalle. Einige der anwesenden Besucher haben die Band in dieser Zeit zigmal gesehen, einige erinnern sich sicher noch mit leichter Wehmut an ihren Auftritt in der Traunsteiner Chiemgauhalle Anfang der achtziger Jahre. Ein bisschen ruhiger ist er geworden, der Sigl Günther und die berühmte Tolle ist weg, aber seine Liebe zur Rock 'n' Roll-Musik und seine Spielfreude sind ungebrochen.
So richtig bekannt geworden sind die »Spiders« Anfang der 80er Jahre, in einer Zeit, in der deutsche Texte sogar so angesagt waren, dass Stars wie Peter Gabriel (Games Without Frontiers) und David Bowie (Heroes) einzelne Hits zusätzlich in deutscher Sprache auf den Markt gebracht haben und Bands wie BAP und die »Spider Murphy Gang« zusätzlich mit Mundarttexten punkteten. Klar gehören auch heute noch Stück wie der »Skandal« und die »Schickeria« zu den bekanntesten Hits aus deren Repertoire, ebenso eine ganze Reihe weiterer, mehr oder weniger bekannter Songs wie die Ballade »Hoam nach FFB«, »Pfiati Gott Elisabeth« und die berühmten »Zwoa Zigaretten«, aber das wäre zu kurz gegriffen und würde den Münchner Urgewächsen nicht gerecht.
Sigl plaudert aus dem Nähkästchen. Charmant und unkompliziert erzählt er von seiner Kindheit, geboren in Schongau, aufgewachsen in Landsberg/Lech und Karlsruhe und seiner späteren Punktlandung in München. Musik war immer ein sehr wichtiger Punkt in Sigls Leben, vor allem die Rock 'n' Roll-Songs, die Radio AFN in den sechziger Jahren über den Äther schickte: Elvis und vor allem Chuck Berry beeinflussten die Jungmusiker sehr stark. Damals wie heute gehören sie zu Günther Sigls Repertoire. Sigl bricht aber auch mehrere Lanzen für Evergreens von Rocco Granata und Peter Kraus und lädt die Besucher nonchalant zu »Twist Again« ein, was sich diese nicht zweimal sagen lassen. Natürlich präsentiert Sigl auch einige Lieder von seinem Solo-Album »Habe die Ehre«.
Unterstützt wird der nimmermüde Musikus, der selbst immer noch prima dabei ist mit Gitarre, Bass und Ukulele, dabei von einer grandiosen Profitruppe, die nur so von Spielfreude, Witz und Charme strotzt. Es ist unverkennbar, dass sie ihnen ihr Job großen Spaß macht und sie sich bestens verstehen. Wolfgang Götz (Keyboard, Gesang und ehemaliger Domspatzenschüler unter Georg Ratzinger) und Willie Duncan (Gitarre, Gesang), den Sigl als »wahrscheinlich einzigen Schotten der Welt, der bairisch singt« vorstellt und der mit Gitarre, Pedal Steel Guitar und einer echten Dobro hervorragende Saitenarbeit leistet. Neu im Team ist Schlagzeuger Robert Gorzawsky, was Sigl augenzwinkernd mit der bislang jedoch unerfüllt gebliebenen Hoffnung auf jüngere Groupies begründet.
Und »last but not least« Dieter Radig (Percussion, Gesang), »alter Schulkamerad« und die langjährige, zweite Stimme hinter Günther Sigl. Der zierliche Bongospieler sollte tunlichst nicht unterschätzt werden. Er ist nicht nur stimmlich auf den Punkt fit, sondern reißt das überwältigte Publikum mit einem nicht unbedingt kurzen, fehlerfreien und humoristischen Schnellsprechgesangs-Duett mit Günther Sigl mit: »Fifi die Waschmaschine« des Wiener Duos von Pirron & Knapp aus den fünfziger Jahren. Viel Beifall gibt es auch für das ein oder andere »SMG-Medley« und als letzte Zugabe grasen sie die Sympathie- und Könnensleiter nochmal so richtig ab, mit einer Unplugged-Version des Countrysongs »Drivin’ Nails In My Coffin« Maria Ortner