Auf G. F. Händels Sonata in g-Moll in der Form einer Kirchensonate mit der Satzfolge langsam-schnell-langsam-schnell, in interessantem Wechsel genießerisch und engagiert ausmusiziert, folgte eine Sonate in D-Dur seines Antipoden G. Ph. Telemann im ähnlichen Stil mit einem zusätzlichen »Recitatif« in der Mitte. Allerdings war das ein Solostück für Corinna Metz und ihre sechssaitige Gambe. Sensibel und klangvoll im akkordischen Spiel gestaltete sie den 1. Satz, in reicher Bewegung den zweiten. Das Recitatif war quasi eine Vorbemerkung zum folgenden, mit behutsamer Agogik empfundenen Arioso; ihm folgte ein tänzerischer, vom Dreier-Takt geprägter Schlusssatz mit hohen technischen Ansprüchen. Corinna Metz, in der Musikschule Traunwalchen »musikalisch aufgewachsen« und in der Region bereits als Cellistin in verschiedenen Ensembles wohlbekannt, widmet sich seit sechs Jahren dem Gambenspiel; die Grundlagen dazu erarbeitete sie sich in der »Kaderschmiede des Originalklangs«, der Hochschule für Alte Musik Schola Cantorum Basel. Sie spielt ein klangvolles Instrument mit einer satten Tiefe und violinenhaften Höhen; die spröde, fast raue Mittellage gehört zum Charakter der Gambe.
Am Hof von Ludwig XIV. arbeitete Antoine Forqueray (1672-1745), oft zusammen mit Francoise Couperin; in der Suite III D-Dur widmete er bekannten Personen seiner Zeit klingende Charakterbilder. Das majestätische »La Regente« natürlich seinem König, »La Tronchin« einem berühmten Arzt, doch bei »La Angrave« kennt man den Widmungsträger nicht, er muss aber, dem Notentext nach, eine etwas widerborstige, nicht ganz einfach zu nehmende Persönlichkeit gewesen sein. Bei diesen drei Stücken mischten sich die Farben und Ausdrucksmöglichkeiten der beiden Instrumente in vielfältigen Klangformen.
Johann Kuhnau (1660-1722), ein akademisch gebildeter Kantor, Vorläufer von J. S. Bach als Thomaskantor, schrieb mit der »Musikalischen Vorstellung Einiger Biblischer Historien in 6 Sonaten« eine Sammlung eindrucksvoller Programmmusik. In der »Sonuata Quarta« stellte Thomas Hartmann »den todtkranken und wieder gesunden Hiskias« in allen Stationen vor. Damit präsentierte er auch zum ersten Mal solistisch sein neues, in der Meisterwerkstatt Johann Schadhauser speziell für ihn gefertigtes Cembalo, ein akustisch wie optisch exquisites Exemplar. So sind auf der Innenseite des Deckels in Intarsienarbeit die italienischen Worte zu finden, mit denen sich »La Musica« im Prolog zu Claudio Monteverdis Oper »L'Orfeo« vorstellt; in deutscher Übersetzung etwa: »Ich bin die Musik, die mit lieblichen Stimmen das bewegte Herz zu beruhigen weiß« – gibt es ein schöneres Motto für ein Cembalo? Obwohl Thomas Hartmann »erst einige Male auf ihm gespielt« hatte, erlebten die Zuhörer einen perfekten Einklang zwischen Instrument und Spieler.
Carl Friedrich Abel (1723-1787) beherrschte zusammen mit Johann Christian Bach, dem jüngsten Sohn von J. S. Bach, jahrelang die musikalisch wirklich nicht arme Szene Londons. Seine Sonate e-Moll entwickelte sich unter den Händen von Corinna Metz und Thomas Hartmann zu einem Prachtstück. Nach einem stimmungsvollen, großatmigen Siciliano und einem von Glanz und Freude erfüllten, mit Lust und Hingabe musizierten Allegro stürzten sie sich ins delikat rhythmisierte Presto, wie schwerelos musiziert.
Dann die hinreißende Klarheit von J. S. Bachs Sonate g-Moll BWV 1029. Mit großer Spielfreude, nach außen hin fast lässig gingen die beiden Musiker durch das Vivace, in feinsinnigem Miteinander, zart und behutsam musizierten sie das Adagio aus, in einer Transparenz, die die Toneigenheiten und -qualitäten von Gamba und Cembalo demonstrierten. Für das Schlussallegro wählten die beiden gerade das rechte Tempo zum Mit- und Durchhören und zum Bewundern des virtuosen Könnens durch das begeisterte Publikum. Engelbert Kaiser