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Sulamith Seidenberg (Horn), Julia Knapp (Violine) und Lukas Kuen (Klavier) überzeugten beim Konzert in Seeon mit großer Virtuosität. (Foto: Benekam)

Tiefe poetische Empfindungen

Einen enormen Respekt brachten die Gäste der Matinee im Rahmen des »Musiksommers zwischen Inn und Salzach« den Stipendiaten der Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks im Festsaal des Kultur- und Bildungszentrums Kloster Seeon entgegen.


Die guten Besucherzahlen lassen keinen Zweifel daran, dass diese einmal im Jahr stattfindenden Konzerte des Spitzennachwuchses ganz besondere Schmankerl im Konzertkalender der Liebhaber klassischer Musik darstellen. Als »einen Jungbrunnen für unser Orchester« und zugleich Garanten für den Erhalt der hohen künstlerischen Qualität sehen die Mitglieder des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks ihre Akademie. Und wenn man bedenkt, dass die jungen Musiker erst ganz am Anfang ihrer Karriere stehen, dann muss man sich um den Fortbestand hochqualifizierter Musiker im Freistaat freilich nicht sorgen.

Die Akademie besteht seit 2001 und bildet in einem zweijährigen Postgraduate-Studium 18 besonders begabte junge Musikerinnen und Musiker in instrumentalem Einzelunterricht, Kammermusik und mentalem Training aus: Eine optimale Vorbereitung auf die hohen Anforderungen, die Spitzenorchester heute stellen.

Die Matinee in Seeon bot sieben jungen Musikern die Möglichkeit, Konzerterfahrung zu sammeln. Der erste Programmteil war mit dem Quintett für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello in h-Moll, op. 115 von Johannes Brahms ausgefüllt. Das 1891 komponierte Werk in vier Sätzen wird von Kennern als »Abschied von der schönen Welt« beschrieben. Ein Eindruck, der sich angesichts seiner gefühlssatten Harmonik und Klanglichkeit unwillkürlich aufdrängt. Rhythmische Freiheit und die Fortentwicklung der thematischen Arbeit zeigen zugleich die Eigenschaften des »späten« Brahms.

Mit dem Allegro schienen sich die jungen Stipendiaten »locker und frei« zu spielen. Hingebungsvoll und in immer wachen Absprachen ergründeten sie Brahms tief emotionale Themen und ließen sie im Raum schweben. Im Adagio hat die Klarinettenstimme etwas Hypnotisierendes, Bezauberndes. Adrian Krämer (Klarinette) ließ seinen Zuhörern keine Chance zum Abschweifen. In seiner fesselnden Interpretation wurde er kongenial von Daniel Nodel, Amelie Böckheler (Violine), Lilya Tymchyshyn (Viola) und Moritz Weigert (Violoncello) begleitet. Lebhaft mit viel Ausdruck kam dann das Andantino zu Gehör, in dem die Violinen mit der Klarinette in munteren Dialog gehen, der fast »geschwätzig« von lustigen Pizzicati der Viola und des Violoncellos durchzogen wird.

Mit dem Trio für Horn, Violine und Klavier in Es-Dur, op. 40 in vier Sätzen war der nicht weniger großartige, zweite Programmteil gestaltet. Brahms hatte dieses Werk im Jahr 1865 zur Verarbeitung des Todes seiner Mutter komponiert, wie der Biograph Max Kalbeck vermutete. Als Kind hatte er ihr angeblich auf dem Horn Volkslieder vorgetragen. Unbestreitbar ist jedenfalls, dass Brahms den Klang des Naturhorns liebte und einige seiner schönsten Ideen diesem Instrument anvertraute.

Von unendlich tiefer poetischer Empfindung getragen ist insbesondere das Adagio. Anrührend und zum Aufatmen schön interpretierte Sulamith Seidenberg (Horn) zusammen mit Julia Knapp (Violine) und Lukas Kuen (Klavier) Brahms Werk wie einen liebevollen Trauergesang. Die durchdringenden Klänge von Brahms Kompositionen brachten die Zuhörer zum Träumen und Schwärmen. Im gemeinsamen »Atmen« schienen sich die jungen Musiker förmlich in die Themen »hineinzulegen« – und das bei höchster Virtuosität. Dafür gab es einen kräftigen Applaus. Weiter so! Kirsten Benekam

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