Entsprechend märchenhaft war auch ihr Einstieg, bei dem sie von einem Waldspaziergang erzählte, wo sie einer uralten Frau namens Dorothea Viehmann begegnet sei, die ihr die nachfolgend vorgetragenen Märchen vorgeschlagen habe. Diese Frau hat es tatsächlich gegeben: Sie war eine Gastwirtstochter, die in Kassel als Marktfrau ihren Lebensunterhalt verdiente und mit der Kiepe auf dem Rücken den Grimms Lebensmittel ins Haus trug und ihnen bei dieser Gelegenheit insgesamt 37 Märchen erzählte. Die Brüder gingen nämlich bei ihrer Märchensammlung nicht unters Volk, wie häufig angenommen wird, sondern forschten hauptsächlich in Bibliotheken oder hatten Zuträger wie Dorothea Viehmann.
Von Annette Hartmann frei, animierend und spannend erzählt, war es für die Zuhörer jedenfalls ein Leichtes, wieder in so ferne wie unheimliche Welten einzutauchen, wo »Die Nixe im Teich« ihr böses Spiel treibt, »Die Alte im Wald« als Hexe entlarvt wird und »Der listige Schmied« dem Tod ein Schnippchen schlägt, um nur ein paar der vorgetragenen Geschichten anzuführen. Beste Unterhaltung also, geboten von einer meisterhaften Erzählerin. Wolfgang Schweiger