Die Musiker begannen mit der Uraufführung der von Johannes Fischer arrangierten »Candide Ouvertüre«, die Leonard Bernstein (1918 bis 1990) für seine »komische Oper« geschrieben hatte. Ein gewaltiger Schlag des Großen Gongs leitete ein, und eine reiche Klang- und Geräuschwelt verblüffte die Zuhörer – noch nie hat eine Musical-Ouvertüre so viel Spaß gemacht und Freude verbreitet. Auch Lenny wäre begeistert gewesen!
Eine ganz andere Atmosphäre sprach aus fünf Liedern von Claude Debussy (1862 bis 1918). In lockerer Abfolge aus den Liederzyklen »Ariettes obliées« und »Fêtes galantes« erklangen, alle zu Gedichten von Paul Verlaine, »C’est l’extase langoureuse«, ein Lob an die abendliche Müdigkeit, »Il pleure dans mon coeur«, ein melancholisches Regenlied, »Fantoches« in seiner trockenen Komik, »Clair de Lune«, das Lied der traurigen Masken im blassen Mondschein, und »Green«, ein Liebeslied – es ist kaum möglich, zu schildern, wie die Liedmelodien von Posaune und Flügel vom Schlagzeug »begleitet« wurden.
Es folgte eine »attacca«-Reihe solistischer Darbietungen. Frederic Belli präsentierte sich von der Empore der Klosterkirche herab mit »BASTA for Solo Trombone«, 1982 komponiert von dem schwedischen Jazzposaunisten Folke Rabe (geb. 1935). Extrem schnelle Läufe und Triller, Akkorde, für die der Spieler gleichzeitig spielte und sang, klangen unglaublich bei dem Instrument Posaune. BASTA war, als liefere der Spieler eine Botschaft ab – und dann; GENUG! Dieses Werk ist übrigens beim laufenden ARD-Wettbewerb eines der Wahlpflichtstücke der Posaunisten.
Ganz allein vor dem Publikum auf einem Stuhl, mit einer persischen Darabukka auf dem Schoß, verblüffte Johannes Fischer mit »Le corps à corps« (»Schlag auf Schlag«) aus dem Jahr 1978 des griechischen Komponisten Georges Aperghis (geb. 1945). In französisch eingefärbtem »Körpersprach-Scat-Gesang«, stark unterstützt von Mimik und Körpergestik, faszinierte sein atemberaubendes und sehr melodiöses »Sprech«-Tempo.
Nicholas Rimmer hatte sich aus Leo Janáceks (1854 bis 1928) Zyklus »Auf verwachsenem Pfade«, mit dem der Komponist den Spuren seiner Jugendzeit nachgeht, das Klavierstück »Ein verwehtes Blatt« ausgesucht – in unregelmäßigem Rhythmus, kurzen Begleitfiguren und voller harmonischer Freiheit hinterließ es einen starken Eindruck. Wiederum »attacca« trafen sich dann alle Drei zu J. S. Bachs (1685 bis 1750) Allegro der Triosonate aus »Das musikalische Opfer« (1747), bearbeitet für Posaune, Vibraphon und Klavier – melodisch ausgefeilt und herrlich swingend und trotzdem oder gerade deshalb »ganz Bach«.
Nach der Pause eröffneten zwei aus den zehn »Biblischen Liedern«, die Antonín Dvorák unter dem Eindruck des Todes von Hans von Bülow und seines eigenen Vaters im Jahr 1894 komponiert hat: »Um ihn her ist Wolken und Dunst« und Gott ist mein Hirte«. Auch wem die Lieder fremd waren, ihre Intention und den Sinn ihrer Abfolge spürte er spontan.
Eine »Suite« mit Liedern von Tom Waits (»Interesting things you can do with air« - arranged and recomposed for – rombone, piano, percussion, electronics), verquickt mit J. Brahms’ »Adagio« aus dem Horntrio op. 40, erwies sich als Sammlung schöner Melodien, eine so lässig wie die andere – aber hallo, Johannes!
Ein Werk von Daniel Schnyder (geb. 1961), einem Schweizer Jazzsaxophonisten, Flötisten und Allrounder, »der auf zwei Hochzeiten tanzt«, Jazz und Klassik, war der Abschluss dieses unverkrampften Konzertabends, die dreiteilige Suite »Worlds Beyond« (2003) – notierter Jazz, aber umwerfend gut. Der Themasatz kam sehr aggressiv und hektisch, »Blues for Schubert« war zum Verlieben schön. Bei »Chase« aber ging’s noch einmal richtig zur Sache.
Eine Preziose gaben die drei Meisterinstrumentalisten noch zu, Astor Piazzollas »Winter« aus seinen »Jahreszeiten«, natürlich auch den in einer ganz eigenwilligen, gelungenen Auffassung. Engelbert Kaiser