Während sich der 21-jährige Wagner nach seinem Abitur 2013 am Chiemgau-Gymnasium ganz auf das Zeichnen und Malen konzentrierte und auch professionelle Zeichenkurse anbot, widmete sich Hobby-Drechsler Noichl in den vergangenen fünf Jahren in seiner Freizeit der Materie Holz, um daraus kunstvolle Teller, Schalen, Vasen und vieles mehr zu fertigen. Neben Wagners sehenswerten Bleistiftzeichnungen und Aquarellen sowie größeren Acryl- und Ölgemälden können im Ökonomiesaal auch Porträtzeichnungen seiner Schüler bestaunt werden.
Wagner selbst nimmt sich mit Vorliebe der Themen »Städte«, »Nacht« und »Regen« an – detailversessen, filigran und doch emotional, starke Kontraste, kräftige Farben und immer auf der Suche nach Harmonie. Mit ausgefeilten Mischtechniken gelingt es ihm dabei, einmalige mystische Stimmungen zu erzeugen, die den Betrachter in Bann ziehen und unter anderem nach Paris, Venedig und New York entführen. Aber auch Musikinstrumente und Porträts haben es ihm angetan.
Eine Besonderheit stellt ein beidseitig bemaltes Glas dar, durch das der vor einem schwarzen Hintergrund zu sehende Dogenpalast in Venedig auf wundersame Weise ein dreidimensionales Erscheinungsbild erfährt. »Damit bin ich erst vorgestern fertig geworden«, verriet Wagner. Mit der LED-Beleuchtung könne er das »Glaspalast«-Kunstwerk in verschiedenen Farbtönen vorführen, wobei ihm der Blauton am besten gefalle. Viele seiner Ideen entstünden unmittelbar vor Ort, auch oft auf Reisen, wo er dann die besonderen Momente in kleinen Skizzenbüchern einzufangen versuche.
Sein Können habe er sich über die Jahre autodidaktisch angeeignet und 2012 ein Stipendium für Nachwuchskünstler an der Kunstakademie Bad Reichenhall erhalten, so Wagner. Auch wenn er nun ein Physik-Studium aufnehme, werde er seiner großen Leidenschaft treu bleiben, versprach der ambitionierte Künstler, der den Großteil seiner frühen Kindheit auf der Kanareninsel La Palma verbracht hat.
Für Diplom-Ingenieur (FH) Martin Noichl, der 1970 in Traunstein geboren wurde und seitdem in Marquartstein lebt, ist das Drechseln seit 2009 ein »guter Ausgleich zum Alltagsstress«. Wenn er nach der Arbeit nach Hause komme, könne er in seiner Werkstatt wunderbar abschalten und entspannen und das, obwohl er bei seinem Hobby sehr konzentriert sein müsse. Vor allem in den Anfangsjahren seines Schaffens sei ihm auch öfters mal eine Arbeit misslungen, manchmal unmittelbar vor der Fertigstellung, doch mit Akribie und Fleiß habe er sein Hobby Stück für Stück perfektionieren können. Mit Vorliebe arbeitet der Familienvater nach eigener Aussage mit dem Holz heimischer Bäume, mit Obstgehölzen, aber beispielsweise auch mit Ahorn-, Eschen- und Ulmenholz. Besondere Anziehungspunkte waren bei der Vernissage nicht nur seine bei Berührung ungemein beruhigend wirkenden Holzkugeln, sondern auch ein Brotkörbchen aus seltenem Zirbenholz, das wunderbar duftete. Für die musikalische Untermalung der Vernissage sorgte Jan David Wagner am Klavier.
Die Doppel-Ausstellung in der Schlossökonomie kann noch bis Sonntag, 28. September besucht werden. Geöffnet ist sie von Montag bis Donnerstag von 9 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr, freitags von 9 bis 12 Uhr sowie samstags und sonntags von 16 bis 18 Uhr. Markus Müller