Viele Traunsteiner hatten drei Jahre lang das traditionelle Silvesterkonzert der Salonmusik Saitensprünge offensichtlich schmerzlich vermisst: Die fast 300 Plätze in der Klosterkirche waren schon im Vorverkauf schnell weg und durch den Verkauf an der Abendkasse mussten immer wieder neue Stühle hereingeschafft werden. In Traunstein war es das 21. Silvesterkonzert des weit über Traunstein hinaus bekannten Ensembles um Simon Angerpointner aus Taching am See.
Begrüßt mit einem Glas Sekt waren die Zuhörer in der richtigen Stimmung für die mitreißende, virtuos gespielte Salonmusik, überwiegend aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Angefangen mit dem Marsch »Gruß aus Oberbayern« des Komponisten und Zitherspielers Georg Freundorfer aus München, eigentlich Bierbrauer im Brotberuf (1881 bis 1940), folgten vor allem Tänze aller Art, wie Walzer, Tangos oder Foxtrott. Darunter waren so bekannte Walzermelodien wie »Ballsirenen« des unvergessenen Franz Lehár (1870 bis 1948), dessen temperamentvoll ungarische und galant österreichische Abstammung in seiner Musik so schön zum Ausdruck kommt. Dem Großteil des Publikums wird es in den Füßen gejuckt haben, mitzutanzen.
Einen guten Teil zur guten Unterhaltung trug die geistreich-humorvolle Moderation des Kontrabassisten Simon Angerpointner bei, der vor 24 Jahren die Salonmusik Saitensprünge gegründet hatte. Vieles – oft in waschechtem Bairisch – erklärte er anschaulich; sowohl den musikalisch-historischen Hintergrund als auch die oft vernachlässigte Rezeption der Stücke bis heute. Zusammen mit ihm auf dem Podium spielten Margarethe Hlawa-Grundner, erste Geige, Monika Gaggia am Cello, Thomas Breitsameter, zweite Geige und Sven-Jörge Schnoor am Klavier.
Obwohl »nur leichte Muse«, eben lockere Salonmusik, war bei den ersten Klängen jedem klar, dass hier hoch professionell ausgebildete Musiker spielten. Sofort spürbar war auch die harmonische Übereinstimmung, mit der die Fünf seit zwei Jahrzehnten zusammen musizieren.
Immer wieder kamen Stücke aus Ungarn oder mit ungarischem Einschlag zur Aufführung, wie bei »Egy kis edes felhomalyban« – nicht einfach, fehlerfrei auszusprechen, was Angerpointner fast mühelos gelang. Er übersetzte »Eine kleine Süße in der Abenddämmerung« von Mihaly Eisenmann aus den 1930er Jah-ren, was den Moderator an seinen ersten Tanzkurs in Traunstein erinnerte. Die Buben der elften Klasse aus dem heutigen Chiemgau-Gymnasium hatten mit den Mädchen der zehnten Klassen von Sparz Tanzkurs – allerdings unter strenger Aufsicht: die betreuenden Nonnen führten die in Zweierreihen gesittet daher kom-menden Mädchen, beobachteten beim Tanzen jeden Schritt und begleiteten sie anschließend auf dem Rückweg nach Hause – ein Szenario, das heutigen Jugendlichen wie aus dem Mittelalter vorkommen muss.
Wunderschön war auch »Die Juliska aus Budapest« aus Fred Raymonds Operette »Die Maske in Blau«. Sie strotzt vor jugendlichem Überschwang, vor Lebenslust und Temperament.
Da die Zeit schon fortgeschritten war, wurde die Moderation gegen Ende immer knapper und es gab auch nur noch eine Zugabe: das lyrisch melancholische Abschiedslied »Ganz leise kommt die Nacht«, das schon Interpreten wie Hermann Prey oder Paul Kuhn unvergesslich gemacht hatten. Dennoch dauerte der Applaus am Schluss des Konzerts lang, so dass alle glücklich-beschwingt in die Nacht zum neuen Jahr gingen. Christiane Giesen