Als langjähriges Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters hatte Frank Hoffmann, bekannt auch als Gestalter und Moderator der TV-Sendung »Trailer« (1974 bis 1998), dabei natürlich keine Mühe, das Publikum für sich einzunehmen bzw. den Texten seinen Stempel aufzudrücken, ausdrucksstark, einfühlsam und atmosphärisch dicht. Er eröffnete die Lesung mit Bert Brechts Geschichte »Das Paket des lieben Gottes«, der launigen Beschreibung eines Weihnachtsabends in einer Chicagoer Kneipe, wo ein Mann, der unter irgendeiner Beschuldigung gestanden hat, auf wundersame Weise erfährt, dass er rehabilitiert worden ist. Von Brecht stammte auch das Gedicht »Die gute Nacht«, das Frank Hoffmann nach der Pause rezitierte.
Am Heiligen Abend spielt auch Heinrich Bölls »Monolog eines Kellners«, der als Nächstes auf dem Programm stand. Eine skurrile Geschichte um einen Kellner, für den der Gast noch wirklich König ist, und dem gerade deswegen gekündigt wird. Ähnlich kurzweilig, mal besinnlich und mal heiter, ging es weiter. So bekam man u. a. (endlich) die »Fünf Beweise, dass es den Weihnachtsmann nicht geben kann« vorgelegt, wobei der erste Beweis lautet: es gibt keine bekannte Spezies der Gattung Rentier, die fliegen kann. Aber was zählen schon Beweise, dürfte sich der Satiriker Robert Gernhardt gedacht haben, aus dessen Werk Frank Hoffmann mit »Die Falle« einen Klassiker der (Anti-)Weihnachtsliteratur präsentierte. Die Geschichte um einen gewissen Herrn Lemm, der sich den Heiligabend mit einem gemieteten Weihnachtsmann veredeln will, und dabei eine böse Überraschung erlebt.
Nachdenklich stimmte dagegen das »Märchen vom Auszug aller Ausländer« (Helmut Wöllenstein). Womit allerdings keine Personen gemeint waren, sondern alles Ausländische, ohne das unser Alltag kaum mehr vorstellbar wäre, wie etwa exotische Früchte oder Rohstoffe wie Gas und Öl.
Hochkarätig war auch die musikalische Begleitung der Lesung von Martin Gasselsberger. 1980 in Ried/Innkreis geboren und seit Jahren mit seinem Trio »mg3« ein international hochgeschätzter Jazz-Pianist, lieferte er mit stimmungsvollen Interpretationen bekannter Weihnachtslieder und Eigenkompositionen den passenden »Soundtrack« zu diesem anregenden und mit viel Applaus bedachten Abend. Marietta Heel