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Bezirkstagspräsident Josef Mederer zeichnete Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, mit dem Oberbayerischen Kulturpreis aus. (Foto: Rasch)

Oberbayerischer Kulturpreis in Seeon verliehen

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Dr. h.c. Charlotte Knobloch und der langjährige Leiter der Mayer´schen Hofkunstanstalt in München, Dr. Gabriel Mayer, wurden in Kloster Seeon mit dem Oberbayerischen Kulturpreis ausgezeichnet.


Die Verleihung durch den Bezirkstagspräsidenten Josef Mederer fand im Beisein zahlreicher geladener Gäste im Festsaal des ehemaligen Benediktiner Klosters statt. Die Auszeichnung war mit einem Preisgeld von jeweils 5000 Euro dotiert. Auf Wunsch der Geehrten soll das Preisgeld an das jüdische Gymnasium München gehen, das im kommenden Schuljahr eröffnet wird, beziehungsweise an die Mitarbeiter der Mayer´schen Hofkunstanstalt.

Der Bezirkstagspräsident würdigte in einem Grußwort die beiden Preisträger. Dass die Kultur in München und Oberbayern heute so reich und vielfältig sei, habe man Menschen wie Charlotte Knobloch und Gabriel Mayer zu verdanken, sagte Mederer. Ihr Werk sei im wahrsten Sinne des Wortes wegweisend, weil es nicht nur weit über die Region hinaus, sondern auch weit in die Zukunft hineinwirke. »Wer ernsthaft handelt und dafür Sorge trägt, dass Rassismus, Antisemitismus, Hass und Zerstörung bei uns nicht gesellschaftsfähig werden und unterschiedliche Meinungen im Dialog verhandelt werden, der hat die Zukunft im Blick. Wer überlieferte handwerkliche Tradition mit innovativen Techniken verbindet, der hält sie für die nachfolgenden Generationen lebendig.« Knobloch und Mayer hätten sich um Oberbayern verdient gemacht.

Seit über drei Jahrzehnten lenkt Charlotte Knobloch als Präsidentin die Geschicke der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. In dieser Zeit habe die Gemeinde einen großen Aufschwung genommen, der seinen sichtbaren Ausdruck in der Errichtung des jüdischen Zentrums am Sankt-Jakobs-Platz gefunden habe, sagte der Bayerische Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Ludwig Spaenle. Der Laudator kleidete den Lebensweg der heute 83-jährigen in sehr persönliche Worte und bezeichnete sie als eine sehr »höfliche« Frau.

Als gebürtige Münchnerin sei sie bayerische Patriotin und Weltbürgerin. Sie habe sich jahrzehntelang unermüdlich für die Juden in München, Bayern und Deutschland für die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundwerte unseres Landes und der freien Welt sowie für das Lebensrecht und den dauerhaften Beistand des Staates Israel engagiert. Mit pointierten Vorstößen und leidenschaftlichen Plädoyers sei sie stets kraftvoll für ihre Interessen in der Öffentlichkeit eingetreten. Ihr herausragendes Verdienst sei es, dass sie die Interessen der bayerischen und deutschen Juden sowie ihre eigenen, ganz persönlichen politischen und gesellschaftlichen Standpunkt mit großem Engagement und Nachdruck vertrete. Durch ihr Engagement, ihre Zivilcourage und Toleranz sei sie Vorbild, insbesondere auch für die junge Generation. Die Geehrte selbst zeigte sich sichtlich gerührt. »Ich bin zutiefst gerührt. Die Auszeichnung bedeutet mir besonders viel«, sagte Knobloch.

Jüdisches Zentrum am Sankt-Jakobs-Platz

Charlotte Knobloch (geboren 1932) ist seit 1985 Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Ihrem Wirken ist es zu verdanken, dass jüdisches Leben wieder einen festen Platz im Herzen der bayerischen Landeshauptstadt bekommen hat. Am 9. November 2006 – 68 Jahre nach der Zerstörung der einstigen Münchner Hauptsynagoge – wurde am St.-Jakobs-Platz die neue Hauptsynagoge Ohel Jakob feierlich eröffnet, wenige Monate später folgten das neue Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde sowie das Jüdische Museum.

Die jüdische Gemeinde ist damit wieder selbstverständlicher und selbstbewusster Teil der Münchner Stadtgesellschaft und versteht das Jüdische Zentrum als Ort der Begegnung und des Miteinanders. Als Zeitzeugin des Holocaust ist es Knobloch ein besonderes Anliegen, die jüdische Präsenz in Deutschland so zu gestalten, dass Menschen jüdischen Glaubens hier kulturell und menschlich Heimat finden.

Sie weist dabei stets darauf hin, dass die jungen Menschen in Deutschland keine Schuld am tragischen Geschehen während der Zeit des Nationalsozialismus tragen. Gleichzeitig sieht sie die heutige Generation in der Pflicht, die Vergangenheit nicht zu vergessen und eine Bedrohung der Demokratie und Menschenwürde nicht zuzulassen.

Kunstunternehmerischer Hochseil-Artist

Die Laudatio auf Gabriel Mayer hielt der Kunsttheoretiker, Publizist und Kritiker Dr. Heinz Schütz. Im Bild der Architektur brachte Schütz drei heterogene Hauptpfeiler der Mayer´schen Hofkunst ins Spiel: Familie, Unternehmen und Kunst. Bereits die Konstruktion jedes einzelnen dieser Pfeiler bedürfe der Kunst des Spagats. Alle drei konstruktiv zusammenzubringen, ähnle einem Spagat auf dem Hochseil. So gesehen erweise sich Gabriel Mayer mit seinem Lebenswerk als ein kunstunternehmerischer Hochseil-Artist, der trotz Umgang mit der Höhe seine Bodenhaftung nicht verliere.

Der schwierige Spagat zwischen Unternehmertum, Handwerk, Technik und Kunst sei in der Tat gelungen, sagte Schütz. Dass Mayer in der vierten Generation die Firma erfolgreich geleitet habe und sie dann auch erfolgreich der fünften Generation übergeben konnte, sei angesichts der Erfahrung, dass der Bestand von Familienunternehmen immer wieder an den einzelnen Familienmitgliedern oder am Desinteresse scheitere, erstaunlich. 2013 hat Gabriel Mayer seinem Sohn Michael ein kulturell bedeutendes und gesundes Unternehmen weitergegeben. Mit Charlotte Knobloch als Preisträgerin mit der höchsten kulturellen Auszeichnung des Bezirks Oberbayern ausgezeichnet zu werden, empfinde er als eine große Ehre.

Gabriel Mayer (Jahrgang 1938) leitete fünf Jahrzehnte lang die Mayer’sche Hofkunstanstalt in München, die – 1847 als »Kunstanstalt für kirchliche Arbeiten« gegründet – heute zu den weltweit führenden Werkstätten für Glasmalerei und Mosaikkunst gehört. Durch die Entwicklung neuartiger Techniken der Glasbearbeitung gelang es Mayer, das Familienunternehmen zu erhalten und zu einer der ersten Adressen der Glaskunst auszubauen. Vor allem die enge Zusammenarbeit mit namhaften Künstlern und Architekten wie Kiki Smith, Julian Opie, Eric Fischl, Mel Bochner, Georg Baselitz oder Herzog de Meuron hat die ausgezeichnete handwerkliche und künstlerische Qualität des Münchner Betriebs international bekannt gemacht. Neben Glaskunst in Flughäfen, U-Bahn-Stationen oder Bibliotheken gehören Fenster und Fassaden zu den internationalen Großaufträgen der Hofkunstanstalt. Mayer wurde durch seine Eltern bereits in der Kindheit an Kunst und Kunstgeschichte herangeführt. ga

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