»Kinder müssen mit großen Leuten viel Nachsicht haben.« Wenige würden sich daran erinnern, dass sie selbst einmal ein Kind gewesen sind und sich nun hauptsächlich für Zahlen interessieren. Dies ist eine der wichtigen Erkenntnisse in der Erzählung »Der kleine Prinz« von Antoine de Saint-Exupéry, die er einem Freund gewidmet hat, besser gesagt, einem Freund, der einmal ein Bub war.
Gabi Trattler und Franz Josef Fuchs inszenierten ihre Bearbeitung dieser tiefgründigen Erzählung straff und einfühlsam für die sehenswerte Aufführung der Jungen Bühne des Fabriktheaters e.V. in der Traunsteiner Kulturfabrik NUTS. Beeindruckend souverän agierten dabei die jugendlichen Darsteller, die ausdrucksstark die Szenen einer tiefgründigen Philosophie verinnerlicht haben, welche dieses Buch jedem Lebensalter zu bieten vermag.
In die Handlung führen die zwei Mädchen Anna und Sophie ein, die auf dem Dachboden ein altes Tagebuch finden, in dem ihr Großvater seine einstigen Flieger-Erlebnisse aufgezeichnet hat. Bei einer Flugzeugpanne in der Wüste ist ihm demnach ein kleiner Prinz erschienen, der plötzlich von einem fernen Stern eintraf und von seinen Reisen erzählt.
Auf verschiedenen Planeten hat er die Erfahrungen gemacht, dass sie von Wesen bewohnt werden, die nur mit sich selbst beschäftigt sind: einem König, der über Untertanen herrschen und Befehle erteilen will, einer Eitlen, die ständige Bewunderung fordert, dem Trinker, welcher trinkt, um zu vergessen, dass er sich seiner Trunksucht schämt, einem Geschäftsmann, dessen wichtigste Tätigkeit das Rechnen und der Besitz von Millionen von Sternen ist; dabei hat er vergessen, dass dieser Besitz für diese Sterne zu nichts nütze ist.
Der Planet eines Laternenanzünders ist winzig und dreht sich so schnell, dass er seine Laterne weisungsgemäß ständig anzünden und auslöschen muss, obwohl er doch so gerne schlafen würde. Auf dem nächsten Planeten schreibt die gelehrte Geografin nur auf, was ihr die Forscher berichten. Der kleine Prinz schildert ihr seinen eigenen Planeten, der nur drei Vulkane und seine persönlich gepflegte Rose enthält, die er dort allein gelassen und dem Entschwinden preisgegeben hat. Die Geografin rät ihm, auch den Planeten Erde zu besuchen, weil dieser einen guten Ruf hätte.
Dort trifft er in der Wüste zuerst auf eine kecke Giftschlange, die ihm hintergründig die Lösung aller Rätsel anbietet. Dann berichtet ihm eine armselige Blume von wenigen Begegnungen mit Menschen; das Echo äfft nur sein Rufen fantasielos nach. Eine kleine Händlerin preist geschäftstüchtig die Wunderpille zur Zeitersparnis an – doch was tun mit der ersparten Zeit? Vom Weichensteller erfährt er, dass die unzufriedenen Leute ständig ziellos unterwegs sind. Nur die Kinder würden wissen, wohin sie wollen. In einem Garten voller Rosen erkennt der Prinz trotz all ihrer Pracht, dass nur seine eigene Rose für ihn einzigartig ist.
Als er sich einsam und tieftraurig fühlt, taucht das muntere Füchslein auf, das zu seinem Freund wird, indem er es mit Geduld zu zähmen vermag. So werden Freunde einander vertraut, weil sie sich brauchen, weil ein Freund einzig in der Welt ist. Der Fuchs lehrt den kleinen Prinzen das wichtigste Geheimnis: »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.« Nun ist für den kleinen Prinzen die Zeit gekommen, die Erde wieder zu verlassen und zu seinem fernen Planeten zurückzukehren; davon können ihn auch die neu gefundenen Freundinnen nicht abhalten, die er zu trösten sucht: »Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne…«
Freitag und Sonntag
Die Aufführung war eine wirkliche »Sternstunde« für alle Zuschauer und vor allem für die jungen Schauspieler, die diesen Stoff so herzbewegend und frisch auf die Bühne brachten und mit begeistertem Applaus bedacht wurden. Die Aufführung kann man noch zwei Mal, am Freitag und am Sonntag jeweils um 18 Uhr, im NUTS erleben. Margit Bischlager