Am Morgen zeigte sich das Wetter wechselhaft und deshalb geht es eher ruhig zu, dort oben rund um das Hochgernhaus in 1461 Metern Höhe. Nur ein eher unauffälliges Plakat verweist auf die Veranstaltung, die – mit Rücksicht auf das Wetter – in der Gaststube stattfindet. Drin geht es bei knapp 50 Besuchern eng zu. An der Stirnseite des langgestreckten Raums präsentieren sich Peter Meier mit seiner Gitarre und Thomas Schütz, der Bariton.
Es ist ein unglaubliches Erlebnis, wenn dann an diesem Ort eine Stimme erklingt, die ohne Mühe das Kirchenschiff eines Domes ausfüllen kann. Der Zuhörer meint, die Fensterscheiben müssten platzen. Dabei ist diese Stimme so klar und sauber, dass es einen frösteln lässt. Eine Stimme, wie gemacht für die Lieder der Romantik von Franz Schubert, denen der erste Teil des Konzerts gehört. Konzertgitarrist Peter Meier begleitet die Lieder. Wer ein Klavier erwartet hätte, den belehrt Meier eines Besseren. Schubert komponierte tatsächlich im Ursprung häufig auf der Gitarre, weil in seinem wechselhaften Leben oft das Geld für ein Klavier fehlte. Meier hat die Gitarre, wie damals üblich gestimmt.
Thomas Schütz und Peter Meier erzeugen mit ihrer Mischung aus kräftigem Bariton und feiner, oft zarter Gitarre ein Spannungsfeld, dem sich vor dem Hintergrund der romantischen Lieder niemand entziehen kann. »An den Mond«, »Heideröslein« und andere Vertonungen Schuberts zu zeitgenössischer Dichtung erklingen. Der Beifall fällt entsprechend aus, selbst Beifallsrufe sind dazwischen zu hören.
In der Pause packt dann der Leiter der Musikschule Grassau und Mitorganisator des Chiemgau Alm Festivals, Otto Dufter, seinen Rucksack aus. Ein originalgroßes Alphorn hatte er in Einzelteilen auf dem E-Bike zum Hochgernhaus getragen. Das stimmte er nun auf der Terrasse des Hochgernhauses an. Auch dafür gab es großen Beifall und wieder lockte das weitere Wanderer in das Konzert.
Dessen zweiter Teil gehörte wieder Gitarre und Stimme. Spanische Lieder rund um Temperament, Liebe, Leidenschaft erklingen. Weil Schütz und Meier den Liedinhalt beschreiben, ist es ein Leichtes, die Stimmungen der Melodie – wie etwa im Freudentanz des Müllers – nachzuempfinden. Mit zwei Zugaben, darunter zuletzt der Vertonung des Shakespeare-Gedichts »Where the bee sucks, there suck I«, schließen die beiden den Kreis zurück in die Romantik. Ludwig Flug