Für Zweiteres entschied sich Rüdiger Baldauf in seiner »Trumpet Night« im nur mäßig besuchten k1-Studio. Der Startrompeter eröffnete mit seinen nicht minder hochkarätigen Musikerkollegen Ferdinand Kirner (E-Gitarre), Christian Frentzen (Keyboard), Marius Goldhammer (Bass), Thomas Heinz (Drums) und Andy Haderer (Flügelhorn, Trompete) mit »Messin’ with the kids« seine Session und das war Begrüßung genug.
Andy Haderer und Edo Zanki als Gastsolisten
Mit wechselnden Gastsolisten – an diesem Abend waren es Andy Haderer an Trompete und Flügelhorn und der »Godfather des deutschen Soul« Edo Zanki – sowie einer routiniert aufspielenden Band schmücken sich seine Konzerte mit Extravaganz und Klasse. Bei ständig wechselnden Gastmusikern kann kein abgedroschener Hinterhofsound entstehen, sondern – im Gegenteil – ein sich stetig bereichernder Jazzfluss.
Das Konzept ging auf, insbesondere in diesem Musikgenre. Die gespielten Nummern waren Eigenkompositionen Baldaufs, »Mitbringsel« seiner Gastsolisten und umarrangierte Werke aus unterschiedlichsten Musikrichtungen. »Speak low«, eine ruhigere Nummer, kommt ursprünglich aus einer Komposition von Kurt Weill und hörte sich verjazzt ausgesprochen spannend an.
Mit »Nature boy« landete der legendäre Nat King Cole 1948 einen Nummer-1-Hit in den Vereinigten Staaten. Auch in bescheidenerem Kreis im k1-Studio kam die Nummer, grandios umarrangiert, sehr gut an. Das Stück »Top spin« erinnerte an den wohl namensgebenden Tennisschlag: energiereicher Start, dann hoch hinaus und am Ende ein fast schon ulkiger Tempoabfall. Die Zuhörer lauschten gespannt auf das auslaufende Tempo, bis es sich fast so anhörte, als verlangsame ein Finger eine sich drehende Langspielplatte.
Neben den hervorragenden Soli der einzelnen Musiker innerhalb der Jazznummern waren die Gesangseinsätze Edo Zankis Hörgenüsse erster Güte. Nicht nur wegen seiner besonderen Stimme, sondern auch wegen der ansprechenden, tiefgründigen Liedtexte. So erzählte er singend in »Kein Tag tut mir leid« sein Leben in fünf Minuten.
Große Hits ganz einfühlsam umarrangiert
Gäbe es den Ausdruck »musikalische Empathie«, so wäre sicherlich Baldauf sein Wortschöpfer. Denn wie einfühlsam er große Hits so umarrangierte, dass ihnen nichts von ihrer Seele genommen, sie dafür aber an Charakter wachsen, wurde man bei zwei musikalischen Bearbeitungen von Michael-Jackson-Hits deutlich: »Man in the mirror«, gesungen von Zanki, und »Human nature« waren in ihrer Melodie sehr schön nachempfunden und gefielen den begeisterten Zuhörern mit temperamentvollen, verjazzten Passagen. Dass die Band im Begriff ist, ein Jackson-Projekt zu erarbeiten, macht Appetit auf mehr.
Mit einer Ballade von Gregor Miles sang sich Edo Zanki dann wieder, in harmonischer Bandbegleitung, in den Mittelpunkt des Konzertabends. Und wer sich da langsam wieder in Richtung Stuhllehne bewegte, wurde gnadenlos mit der Nummer »No competition« aus dem einsetzenden Schlummer gerissen. Gut so, denn schließlich war das Konzert noch nicht zu Ende und das Bett noch weit weg.
Leider gab es nach lautstarken Bravorufen und überschwänglichem Applaus aber nur noch eine Zugabe und die hieß ausgerechnet »Gib mir Musik«. Wie Zanki betonte, ginge es in der Nummer um eines der wenigen Dinge im Leben, die weder unmoralisch sind, noch dick machen: Musik. Davon wollten die k1-Gäste mehr, aber ihr Verlangen wurde an diesem Abend nicht mehr gestillt. Kirsten Benekam