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Pippo Pollinas Lieder gingen auch beim Konzert in Traunreut unter die Haut. Musikalisch unterstützt wurde Pollina von drei jungen, sehr talentierten Sängerinnen aus seiner sizilianischen Heimat, den Schwestern Adriana und Roberta Prestigiacomo sowie Anna Maria Sotgiu. (Foto: Heel)

Musik und Verse für die Freiheit

Ein Popkonzert, das mit einer Anklagerede gegen die Mafia eröffnet wird, erlebt man nicht alle Tage. Aber wer mit Pippo Pollina und seiner Biografie ein wenig vertraut ist, war vermutlich nicht allzu überrascht darüber.


Denn die Mafia ist das entschiedene Feindbild dieses Künstlers, der heute im deutschsprachigen Raum einer der bekanntesten italienischen Liedermacher ist. Pippo Pollina hat gute Gründe dafür. Im Herbst 1985, damals gerade 22 Jahr alt, verließ er seine Heimatstadt Palermo, weil ihm das Leben auf Sizilien unerträglich geworden war. Er hatte sich schon als Student (Jura und klassische Gitarre) gegen die Mafia engagiert, doch der Mord an dem Journalisten Guiseppe Fava bewog ihn, der Insel den Rücken zu kehren.

Danach zog er zunächst als Straßenmusiker durch halb Europa, bevor er sich nach ersten Erfolgen auf der Bühne in der Schweiz niederließ. Dennoch blieb er seiner Heimat bis heute verbunden und engagiert sich aus der Ferne vor allem musikalisch gegen Machtmissbrauch und Korruption sowie für den Frieden.

Jetzt trat Pippo Pollina im gut besuchten Saal des Traunreuter k1 auf, begleitet von drei jungen, sehr talentierten Sängerinnen aus seiner sizilianischen Heimat, den Schwestern Adriana und Roberta Prestigiacomo und Anna Maria Sotgiu, die schon auf zahlreichen Festivals und Tourneen in Süditalien von sich reden gemacht haben und seinen Liedern eine neue und überraschende Dimension gaben. Als roter Faden dienten dem Sänger dabei Auszüge aus seinem soeben erschienenen Buch »Verse für die Freiheit: Mein Leben, meine Lieder«, in dem er von den Ereignissen und Begegnungen erzählt, die ihn auf seinem Lebensweg geprägt haben. Texte, ergänzt von einigen Videoeinspielungen, die zusammen mit seinen Liedern deutlich machten, was diesen Künstler bewegt und antreibt. Dabei präsentierte er neben vielen älteren Songs auch ein paar neue wie »Il Sole Che Verra/Die Sonne, die wieder kommt«, entnommen seinem aktuellen Album gleichen Titels und so kraftvoll wie sensibel interpretiert.

Ein ganz ausgezeichnetes Album übrigens, vielleicht sein bisher bestes, aufgenommen mit großer Besetzung und auch für nicht italienisch sprechende Menschen leicht zugänglich. Denn die Lieder gehen sofort unter die Haut, sind gefühlvoll, ohne schmalzig zu sein, und vor allem voller Hoffnung. Nach dem Lied »El Amor«, einer Komposition der chilenischen Musikgruppe Inti-Illimani, die sich während des Militärputsches im Jahr 1973 gerade auf einer Italien-Tournee befand und nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren durfte, erinnerte Pippo Pollina mit warmen Worten und dem Lied »Terra« an seine nicht ganz unproblematische Zusammenarbeit mit Konstantin Wecker, den er 1993 auf dessen »Uferlos«-Tournee begleitet hatte.

Zuletzt kam Pippo Pollina noch auf seine Freundschaft mit Werner Schmidbauer und Martin Kälberer zu sprechen, illustriert durch Konzertausschnitte von ihrem Auftritt in der Arena von Verona (»Passa Il Tempo«). Und obwohl es wenige Konzerte geben dürfte, auf denen so viel gesprochen wird, entließ das begeisterte Publikum Pippo Pollina und die drei Sängerinnen erst nach vier Zugaben, darunter das traditionelle Lied des antifaschistischen Widerstands in Italien, »Bella Ciao.« Wolfgang Schweiger

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