Dass bei Mozart Freude und Traurigkeit nahe beeinander lebten, ist bekannt. Dabei geht es nicht um Dur oder Moll, sondern um Charakter und Stimmung. Strahlen seine Jugendwerke ungetrübten Frohsinn aus, atmen die späteren Kompositionen unüberhörbare Schwermut.
Das chronologisch aufgebaute Konzert mit der Camerata Salzburg unter der Leitung von Ton Koopman im Rahmen der Salzburger Mozartwoche spiegelte Mozarts Schaffen wie in einem Brennglas wider. Koopman führte die Camerata ohne Taktstock, mit »sprechenden« Händen, durch die vier Sätze der D-Dur Symphonie, die Mozart als Sechzehnjähriger in Salzburg komponiert hat. Man hörte eine unglaublich transparente Interpretation, welche jede Nuance der Partitur hörbar machte. Ein plastisches Klangerlebnis voller Energie, ohne Manierismen: Klangeinheit und -reinheit.
Diese hohe Kunst der leisen Töne fand im Fagott-Konzert eine Fortführung. Riccardo Terzo ergänzte dieses Werk mit eigenen Kadenzen. Koopman und Terzo scheinen dieses Frühwerk – Mozart komponierte es mit achtzehn Jahren – neu erfunden zu haben. Mit dynamischen Feinjustierungen holten sie, zusammen mit dem Orchester, verblüffende Klangschattierungen aus diesem Opus. Nach den ersten Takten des zweiten Satzes winkte der Solist ab: vermutlich versperrte Kondenswasser ein Tonloch. Ein kleines Malheur, das schnell behoben war. Terzo bat das Publikum, welches verständnisvoll applaudierte, mit einer charmanten Verbeugung um Nachsicht. Das liebliche »Andante ma adagio« nahm nun ungetrübt seinen Weg. Begeisterter Beifall erheischte eine Zugabe: Der Fagottist verzückte die Zuhörer mit einer Bearbeitung der Cherubino-Arie »Voi che sapete« aus »Le nozze di Figaro«, vom Pizzicato eines (aus der Camerata ausgekoppelten) Streichquintetts zart begleitet.
Eine völlig andere Atmosphäre entfaltete Mozart in der für seine Freimaurer-Loge geschriebenen »Maurerischen Trauermusik«. Er setzte tiefes Holz ein: Bassetthörner (Tenor-Klarinetten) und ein Kontrafagott. Das elegische c-Moll der Einleitung fand ein aufhellendes Pendant im Es-Dur des zweiten Teils, der zum strahlenden C-Dur-Akkord am Schluss führte, als Symbol der Erlösung. Von der Trauer zur Freude!
Freudig begann auch das Klarinettenkonzert in A-Dur, das der 35 Jahre »alte« Mozart zwei Monate vor seinem Tod geschrieben hat. Mit dem warmen Ton der Wiener Klarinette und mit Grandezza spielte Daniel Ottensamer das berühmte Werk, in wechselndem Blickkontakt mit dem Dirigenten, dem Kapellmeister und dem Publikum. Bei souveräner Beherrschung von Technik und Tongebung, brillierte der Solist nicht nur mit den virtuosen Läufen und Arpeggien der schnellen Sätze, sondern berührte besonders durch die Kantilene im Adagio-Satz. Geradezu demütig wirkte das Pianissimo. Tänzerisch elegant, nahezu schwerelos nahmen Ottensamer und Koopman das Rondo des dritten Satzes. Ein grandioses Finale – zunächst.
Das faszinierte Publikum bekam nämlich eine Zugabe: In Einklang mit den Camerata-Klarinettisten Monika Wisthaler und Wolfgang Klinser, spielte Ottensamer das Terzett »Soave sia il vento« aus »Cosí fan tutte«. Viele Zuhörer waren wohl im Innersten berührt, denn man vernahm Glücksseufzer, bevor rauschender Beifall und Bravo-Rufe losbrachen. Ein wunderbares Konzert, mit Musikern von Weltrang! Helmut Rieger