Dieser Titel wird seit 2010 von der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung vergeben. »Das Ziel ist es, eine vielversprechende, kreative Geschäftsidee umzusetzen und erfolgreich auf dem Markt zu platzieren«, schreibt Staatsminister Bernd Neumann im Vorwort der Preisträgerbroschüre. Ein Preis also, der unterstützen soll. Wozu bewirbt sich eine so erfolgreiche Musikerin, die gerne als die vielseitigste Harfenistin ihrer Generation bezeichnet wird, um diesen Nachwuchs-Titel? Da muss sie lachen. »Ich bin nicht die Einzige unter den Preisträgern, die schon gut im Geschäft ist«, sagt sie. 611 Kulturschaffende Deutschlands hatten sich in diesem Jahr um die Auszeichnung zum Kultur- und Kreativpiloten beworben. Nach dem ersten Auswahlverfahren waren es noch 96. Unter den Preisträgern sind Comiczeichner, Journalisten, Puppenspieler oder Hörbuchmacher.
Silke Aichhorn managt sich selber, sie ist ihre eigene Agentin. Sie rief ihr eigenes CD-Label ins Leben, der Vertrieb findet u. a. auch bei ihr zu Hause statt. Sie hat eine Ausstellung rund um die Harfe zusammengestellt, Schulprojekte und ein Kinderkonzert konzipiert. Eine One-woman-show rund um die Harfe. Und gerade deshalb der Preis: »Meine Erwartung an die Auszeichnung ist eine konstruktive Beleuchtung meiner Arbeit, eine größere mediale Aufmerksamkeit und eine spannende Vernetzung.« Denn hier gibt es kein Geld zu gewinnen sondern Know-how.
Vier Screenings, in denen Experten die Geschäftsidee auf Herz und Nieren überprüfen. Drei Workshops, in denen Marktkenntnisse vermittelt und Erfahrungen der Preisträger untereinander ausgetauscht werden können. Und natürlich das mediale Echo, das dieser Preis mit sich bringt. »In meiner Branche geht es um Kontakte. Zur Presse, zum Fernsehen, und vor allem zu den Veranstaltern. Im Durchschnitt muss man 60 Anfragen starten, um einen Auftritt zu bekommen«, erläutert sie.
Das Problem mit der Harfe ist ihr Klischee. So hat eine Harfenistin kein Problem, die Weihnachtszeit mit Konzerten zu füllen. Vor allem nicht, wenn sie auch noch so schöne lange Haare hat wie die Traunsteinerin. Doch zu den großen Festivals der Republik bucht man übers Jahr dann doch lieber Streicherensembles, Pianisten und Sänger. Harfe solo? Eine Marktlücke. Aber eben auch ein Image-Problem. Allerdings nicht für die, die einmal ein Konzert von Silke Aichhorn genossen haben.
Ihr Repertoire reicht vom Barock bis zur Moderne, gerne kombiniert sie diese Spanne auch in einem Programm. Dazu gibt's kurzweilige Erläuterungen zum Instrument und zur Musikgeschichte. »Mein Konzept ist es, eine Lanze für die Harfe zu brechen. Und damit auch noch meinen Lebensunterhalt zu finanzieren«, schmunzelt die Mutter zweier Kinder. Kreativpilotin Deutschlands? Da könnte man auch die Kombination von Beruf und Familienmanagerin mit einbeziehen. Und auch hier wäre Silke Aichhorn auf jeden Fall unter den Preisträgerinnen gewesen. Petra Plützer