Hinter dem Seminarhaus steht der »Verein für Achtsamkeit Osterloh«. Er steht für eine Lebenseinstellung, die geprägt ist von gegenseitiger Wertschätzung, Fürsorge und Achtsamkeit für sich selbst und der Welt gegenüber. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, Achtsamkeit in die Gesellschaft zu tragen und gemeinsam Wege zu finden, Aufmerksamkeit in den Alltag zu integrieren.
Eine bewegende Geschichte steht hinter dem Meditationsweg. »Meine Frau war sehr kreativ. Sie hat geschrieben, gemalt und war sozial engagiert als Sterbebegleiterin im Netzwerk Hospiz. Nebenbei war sie die rechte Hand in meinem Handwerksbetrieb«, erzählt Eugen Schwarz, der bis zum Ruhestand Stuckateur war, über die Autorin der Gedichte für den Meditationsweg. In der Schülertanzstunde hatten sich die Stuttgarter einst kennengelernt. »Karin wollte Grafik studieren. Sie gab für mich ihren Wunschberuf auf, besuchte die Handelsschule und ließ sich zur Kauffrau ausbilden«, berichtet Schwarz. 1963 heirateten sie und bald kamen zwei Töchter zur Welt.
Ihre Kreativität brachte Karin Schwarz in den Stuckateur-Betrieb ein. Beim Gestalten der monatlichen Betriebszeitung trat ihre zweite Leidenschaft zutage: das Schreiben. Bald schrieb sie auch Gedichte. 2005, kurz nach Rentenbeginn, erkrankte Karin Schwarz an einer chronisch lymphatischen Leukämie, die bis zu ihrem Tod 2014 immer mehr Kraft forderte. »Das haben wir uns natürlich auch anders vorgestellt«, sagt Eugen Schwarz. In den letzten vier Jahren ihres Lebens pflegte er seine Frau. »Wir haben uns immer wieder intensiv unterhalten über ihre Gedichte«, erzählt er. Doch Karin wehrte sich zunächst gegen eine Veröffentlichung.
»Wir machten einen Deal. Sie sagte: Okay, wir machen das Buch, aber es darf erst bei meiner Beerdigung verteilt werden.« Als seine Frau 2013 das Büchlein »Wo mein Himmel beginnt« in Händen hielt, war sie selbst so begeistert, dass sie zwei Exemplare ihren Töchtern schenkte. Weitere 400 Bücher wurden im Freundes- und Bekanntenkreis verschenkt.
»Es war wie ein Paukenschlag«, erinnert sich der Stuttgarter. »Sofort meldeten sich die Empfänger und schrieben uns, wie sehr sie Karins Worte berühren. Der Kreis wurde größer und größer«. Dies alles gab Karin Schwarz einen richtigen Schub. »Innerhalb von vier Wochen hat sie dann 100 neue Gedichte geschrieben.« So erschien im März 2014 ein zweiter, noch dickerer Lyrik-Band mit dem Titel »Der Himmel mag warten«. Die Resonanz sei »phänomenal« gewesen, erzählt Schwarz. Vier Wochen später sei seine Frau mit 73 Jahren verstorben. »Ich sitze jetzt natürlich auf einem Riesen-Schatz«, fühlt er sich getröstet trotz des Verlustes. Petra Schmidt-Deutscher, die das Ehepaar schon seit 20 Jahren kannte, kreierte zu den Gedichten Skulpturen.
Maria Kluge, Leiterin des Seminarhauses Osterloh, sah die Lyrikbände von Karin Schwarz beim Besuch bei Schwarzs Tochter in Rosenheim und wollte Eugen Schwarz gleich einen Stoß abkaufen. »Ich hatte aber keine mehr. So habe ich welche nachdrucken lassen im Eigenverlag und einen Internetshop gegründet.«
Er habe seiner Frau versprochen, dass er mit den Büchern keinen Gewinn macht. Daher spendete er den Erlös an das Kinderhospiz in Stuttgart – bisher schon über 8000 Euro. Auch der Erlös der Buchverkäufe bei der Vernissage in Osterloh kommt zu 100 Prozent dem Kinderhospiz zugute.
Seit er Maria Kluge kennenlernte, ist Eugen Schwarz regelmäßig zu Gast bei Achtsamkeits-Seminaren in Osterloh. Für den Meditationsweg werden ausgewählte Gedichte auf Edelstahlplatten gelasert und auf Stelen präsentiert. Von den Skulpturen verkauft Petra Schmidt-Deutscher auf Wunsch Duplikate und spendet einen Teil des Erlöses ebenfalls an das Kinderhospiz. Veronika Mergenthal