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Die heimische »Kesslfligga«-Band um Bettina und Jochen Nistler bereicherte den »Kultursommer am Chiemsee-Ostufer« der Theater-Strickerei Grabenstätt mit einem stimmungsvollen und mitreißenden Auftritt. (Foto: Müller)

»Live ist einfach schee«

Wegen der unsicheren Wetterlage ist das Grabenstätter Kultursommer-Konzert der »Kessfligga«-Band im Saal und nicht wie geplant als Open Air vor der Theater-Strickerei über die Bühne gegangen.

Der guten Stimmung tat dies aber keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Bettina Nistler (Gesang und vieles mehr), Jochen Nistler (Gesang, Gitarre, Schauspiel und mehr), Wolfgang Grün (Keyboard, Quetschn und Harp), Markus Helminger (Gesang und Gitarren), Michael Melcher (E-Gitarre), Attila Forster (Bass) und Florian Buchner (Drums und Gitarre) heizten ihrem bunt gemischten Publikum ordentlich ein und ließen es – wie es Jochen Nistler eingangs versprochen hatte – »richtig krachen«.

Sie begeisterten mit unverwechselbaren boarischen Liedern in diversen musikalischen Genres, das Ganze verfeinert mit viel Groove, Kreativität und Improvisationskunst. Die beliebten Songs aus der Feder von Freigeist J. Nistler haben viel Tiefgang und Würze und thematisieren amüsant-skurrile Alltagssituationen oder neckische Lebensweisheiten. Mal sind sie offenkundig, mal unterschwellig gesellschaftskritisch und ganz wichtig: Witz, Humor und Ironie kommen dabei nicht zu kurz. Viel Applaus und Jubel ernteten die Musiker im ersten Programmteil für den bluesigen »Bäckertratsch« sowie andere Kultlieder wie »In da Nachbarschaft«, »November im Bahnhof« und »Schwammerl fanga«. Anschließend ging es mit der stimmungsvollen Hymne »Dahoam im Chiemgau« in die Pause.

Höhepunkte des zweiten Teils waren die Lieder »I hob ois«, in dem moderne Wertvorstellungen in Frage gestellt werden, »Was drunten is, is drunten«, einer Hommage an die Schwerkraft, und »Hamster« als bildliche Aufforderung, sich aus dem Hamsterrad des Alltags zu befreien. Großartig war auch der lustige Finnisch-Bairisch-Sprachkurs. Als Allheilmittel pries man noch den »Tansanit«-Edelstein an, der alles abschirme, was dem eigenen Wohlbefinden in einer fremdgesteuerten, profitsüchtigen Welt schade.

Großartig war auchdie Ballade »Draam vom Fliagn«, in der Gitarrist und Sänger Helminger die Besucher dazu einlud, wie ein Adler majestätisch durch die Lüfte zu gleiten, sich dem Wind hinzugeben, Freiheit zu inhalieren und alles um sich herum loszulassen. Als dritte und letzte stimmige Zugabe gab es noch »Schnells Hells« – eine feucht-fröhliche Anspielung auf den AC/DC-Klassiker »Hells Bells«. Die Theater-Strickerei-Chefin Doris Biller reagierte sofort und versorgte die Musiker mit kühlem Bier. Die Besucher gingen stets rhythmisch mit und scheuten sich auch nicht, mitzusingen.

Für die »Kesslfligga«- Band schloss sich indes ein Kreis, denn auch ihr letzter öffentlicher Auftritt war in Grabenstätt, und zwar im vergangenen September beim »Somma dahoam am See«-Festival der Theater-Strickerei. Es sei einfach nach der langen Corona-Zwangspause unglaublich toll, endlich wieder vor Publikum zu spielen, »live ist einfach schee, es gibt nix Schöneres«, schwärmte Bettina Nistler und sprach ihren Kollegen und allen Besuchern aus der Seele. Man hoffe nun auf weitere Auftritte und plane auch einige neue Lieder, so Nistler nach dem Konzert auf Nachfrage.

»Hoffentlich bewahrt sich das Sprichwort 'Nichts hält so lange wie ein Provisorium', meinte die Theater-Strickerei-Vereinsvorsitzende Doris Biller bei der Begrüßung mit einem Augenzwinkern, wohlwissend, dass der Abriss der alten Strickerei-Gebäude – sie sollen einem Supermarkt weichen – nur verschoben ist. Ein Glücksfall für den Kultursommer am Chiemsee-Ostufer, der ansonsten in dieser Form kaum möglich wäre. Markus Müller

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