Bildtext einblenden
Ein breites Spannungsfeld ihrer Kunst präsentiert das Ruhpoldinger Ehepaar Mira und Wolfgang von Wasielewski noch bis 14. Januar in der Galerie Kaysser in Ruhpolding. (Foto: Axel Effner)

Kunst als Instrument der Welterkenntnis

Offensichtlich haben Mira und Wolfgang von Wasielewski genau den Geschmack ihres Publikums getroffen. Das kunstbeflissene Ehepaar aus Ruhpolding stellt noch bis 14. Januar Gemälde, Linolschnitte, Zeichnungen und Ikonenmalerei zum Thema »Idylle und Abstraktion« in der Galerie Kaysser in Ruhpolding aus. Bereits nach wenigen Tagen ist die Wand des Ausstellungsraums mit den zum Teil nur handtellergroßen Werken mit roten Punkten gepflastert – sie haben bereits eine neue Kunstliebhaberin oder einen neuen Besitzer gefunden.

Vielleicht rührt die Anziehungskraft daher, dass die beiden auf ungewöhnliche und bewegte Familien- und Lebensgeschichten zurückblicken können. Ebenso wie für sie die Kunst immer wieder ein Feld war zur inneren Zentrierung, zur Erforschung ihres Umfelds und der regionalen Natur oder zur Auseinandersetzung mit spirituellen und psychologischen Themen.

Prägend für Mira war etwa die Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in München und die Lehre als Gemälderestauratorin an der Staatsgemäldesammlung sowie in einer Vergolderwerkstatt in der Landeshauptstadt. Einige Jahre arbeitete sie auch am Landesdenkmalamt Bonn, bevor sie von 1978 bis 2015 in München als freischaffende Restauratorin zahlreiche Meisterwerke unter ihre Fittiche nahm. Etwa in der Gemäldegalerie von Schloss Schleißheim. Nicht zuletzt war auch ein Werk des hochdekorierten Renaissancemeisters Giovanni Bellini darunter.

Der Sinn für filigranes Arbeiten, Details und ausgefeilte Farbnuancen spiegelt sich in ihrer Miniaturmalerei wider. Sie bildet in Ruhpolding den Schwerpunkt. Stühle, Insekten und Vögel, ein »Pestwurz« oder der Blick auf die Kirche St. Georg regen sie zu faszinierenden Kabinettstückchen an. Ausgehend von der Naiven Malerei und dem Phantastischen Surrealismus der 70er Jahre werden Stadtansichten oder Naturstücke zu Seelenlandschaften, die eine friedliche Stimmung ausstrahlen.

Ausbildung zum Ikonenmaler

Wolfgang von Wasielewski wiederum reizt in seiner Kunst das Spannungsfeld zwischen freien Entwürfen geometrischer Muster, die eine Affinität zum abstrakten Konstruktivismus und Expressionismus erkennen lassen, und den strikten Vorgaben der Ikonenmalerei aus. 2017, zwei Jahre nach dem Umzug des Ehepaars von München nach Ruhpolding, hat der studierte Kunstgeschichtler und Jurist einer großen Versicherungsgesellschaft dafür extra eine Ausbildung zum Ikonenmaler gemacht.

»Gerade das handwerkliche Vorgehen bei den Ikonen mit dem Schleifen des Pappel- oder Lindenholzes und das Grundieren mit Champagnerkreide und Hasenleim reizen mich«, gesteht er. Die Konzentration bei der Ausarbeitung nach einem streng vorgegebenen, über 1200-jährigen Formenkanon sei für ihn »fast wie eine Art Gebet«. »Interessant ist auch, dass man im Unterschied zu anderen Werken bei der Ikonenmalerei als Künstler völlig in den Hintergrund tritt.« Wichtig sind ihm aber vor allem die abstrakten Arbeiten, geometrisch abgegrenzte Flächen, hin und wieder mit stilisierten gegenständlichen Einschüben. Mit Ölkreide und Acrylfarbe, in Gouche- oder Linoldrucktechnik sowie in Arbeiten auf Papier setzt er seine Ideen um.

Der Kontakt zur Galerie Kaysser in Ruhpolding ergab sich für das Ehepaar erstmals 2009 bei einer Ausstellung mit 14 Künstlern im ehemaligen Jagdschloss. Aus dem Staunen nicht mehr heraus kommt man, wenn die beiden Wasielewskis von ihren bewegten Familiengeschichten erzählen. Man taucht tief ein in dramatische Erzählungen von Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen, einer Familiengruft in Budapest, der Mitbegründung des Konservatoriums in St. Petersburg, Verweisen auf Kaiserin Sissi als Vorfahrin und Schicksalen im KZ Sachsenhausen.

Seit dem Umzug nach Ruhpolding 2015 genießen sie die Reize der Region, die ursprüngliche Natur und die Kontakte zu Einheimischen. Das Interesse für Kunst, das beide bereits in jungen Jahren gepflegt haben, verbindet sie auch auf ihren Reisen. »Wir schauen uns viel an und entdecken immer wieder Neues voller Faszination«, gesteht Wolfgang von Wasielewski.

Die Ausstellung in der Galerie Kaysser, Hauptstraße 28 in Ruhpolding, ist Mittwoch bis Freitag von 10 bis 12 und von 15 bis 18 Uhr geöffnet sowie am Samstag von 10 bis 13 Uhr von 15 bis 17 Uhr. Sonntags ist die Ausstellung von 11 bis 13 Uhr sowie von 15 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung zu sehen. Axel Effner

Mehr aus Kultur aus der Region