Ihr Konzert begannen sie mit J. S. Bach (1685 bis 1750). Sein BWV 525 findet sich als erstes Werk in einer Sammlung von sechs Triosonaten für Orgel, komponiert zwischen 1727 und 1732. Dieser Triosonate in Es-Dur liegt wohl ein originales Trio für Blockflöte, Oboe und Continuo zugrunde – die Adaption für das Rohrblatt-Trio begleitete Thomas Hartmann an seinem Schadhauser-Cembalo ganz stilgerecht und dezent. In munterem, vorwärtsgerichtetem Tempo entwickelte sich der erste Satz. Permanent strömend in seiner liedhaften Anlage kam das Adagio, bei dem die Klangfarben der drei Blasinstrumente zu einer wunderbaren Einheit verschmolzen, und das Schluss-Allegro ließen die Musiker richtig vergnügt swingen – kopfgesteuerte und doch unmittelbar ansprechende Musik.
Der spanische Komponist Heitor Villa-Lobos (1887 bis 1959) schuf sein Konzert für »Trio d’anches« im Jahr 1921. Ein Auftakt-Motiv in Klarinette und Fagott war die Begleitung für die fröhliche Vogelmusik der Oboe im 1. Satz »Animé«; in der Folge durften auch sie ihre Virtuosität in ungewohnter, expressiver Art beweisen. »Languissament« schmachteten sich die Instrumente im 2. Satz mit sanften Tönen an. Das »Vivo« des Schlusssatzes dagegen war von einer ungeheuren Dynamik mechanisch-motorisch angetrieben. Kaum ergaben sich Ruhepunkte, da ging die wilde Jagd schon wieder weiter.
Ein interessanter Kontrast zu Villa-Lobos Auffassung war das Trio für Oboe, Klarinette und Fagott von Klement Slavick (1910 bis 1999) aus dem Jahr 1937, der bei Boleslav Jirák und Josef Suk studiert hatte und sich für die Volksmusik Mährens und die Werke von Leos Janácek begeisterte. Sein Trio in der »klassischen« Tempofolge langsam-schnell-langsam-schnell begann mit einem »Largo«, bei dem Oboe, Klarinette und Fagott nacheinander mit dem selben Motiv einsetzten, quasi einer Einladung zu einem Dreiergespräch folgten, das in Ruhe und Harmonie stattfand. Im »Vivo« wurde es intensiver, aber immer in Freundschaft und mit einem schelmischen Beschluss. Sehr dunkel kam das »Molto tranquillo« herein und entwickelte eine schwingende Ruhe, die doch voll reicher Spannung und tiefem Innenleben war und in Wohlklang endete. Sehr unruhig gestaltete sich das »Presto« mit scharf synkopierten Akzenten. Doch dann ergab sich ein diskutierendes Innehalten, das schöne Melodien zeitigte.
Jan Dismas Zelenka (1679 bis 1745), ein höchst origineller böhmischer Komponist des Barock, schuf unkonventionelle Orchester- und Vokalwerke. An Kammermusik hat er nur sechs Triosonaten hinterlassen, für zwei Oboen oder Oboe und Violine mit Basso continuo. Zelenka war selber ein begabter Kontrabassist; weil er seine Trios »bassbetont« liebte, wirkte beim B.c.-Part neben Thomas Hartmann noch Elisabeth Büttner am Kontrabass mit, sie stammt wie Thomas Hartmann aus der Region. Zelenkas Triosonate Nr. 6 in c-Moll ZWV 181, problemlos auf die Bläser des Schulhoff Trios zu übertragen, ist, wie die von Slavick gut 200 Jahre später, ebenfalls im Schema der »Sonata da chiesa« aufgebaut. Anspielungen an tschechische Tanzmusik glaubt man herauszuhören, aber immer wieder drängt sich der Vergleich mit Bachs Musik auf, was ihre Qualität angeht. Besonders intensiv und schön geriet den fünf Musikern das Adagio in seinen getragenen, spannungsreichen Melodien; ein beherztes Allegro in Menuettform beendete in harmonischer Gemeinschaft das Werk - es war »sehenswert«, wie anmutig und souverän Elisabeth Büttner mit dem großen Konzertbass umging.
Für viele Zuhörer war Werner Pirchners (1940 bis 2001) »Mit FaGottes Hilfe« für Fagott solo (1989) der Höhepunkt des Abends – er war es sicher, was die Virtuosität betrifft, mit der Bram van Sambeek dieses skurrile Werk anging. Anklänge an Alphornrufe und Jodlermelodien waren die eine, unruhig-gejagte Expressionen aus dem Bereich des Free Jazz die andere Seite. Experimente mit grenzwertigen Tönen, ein Kampf zwischen Grob und Fein, Zweistimmiges durch Mitsingen des Fagottisten, der den oberen Teil des Fagottrohres schon auch mal als Zielfernrohr missbrauchte, Etüdenhaftes, sauschwer, aber locker absolviert, das waren einzelne Facetten dieses hintergründigen Werkes. Zum Schluss holte der Solist so ein Electronic-Ding aus der Tasche, entlockte ihm einen Ton, auf den er das Publikum einschwor, und spielte eine wundersam klare und sanfte Melodie dazu. Dann ging er ab, nur mit der linken Hand sein Instrument spielend, in der erhobenen Rechten »das Ding« – eine mitreißende Performance!
Ganz zum Schluss des Konzerts legte das Trio das »Divertissement« seines Namenspatrons auf die Pulte. Erwin Schulhoff, 1894 in Prag geboren, Schüler unter anderen von Max Reger, Pionier der Jazz-Komposition in Europa, Dada-Komponist schuf das Divertissement 1927 in einer schaffensfrohen und kompositorisch ergiebigen Phase, bevor er sich dem Kommunismus und der Ästhetik des »Sozialistischen Realismus« verschrieb. 1941 wurde er einige Tage nach Deutschlands Kriegserklärung an die Sowjetunion als (inzwischen) sowjetischer Staatsbürger in Prag festgenommen, 1942 starb er im Internierungslager auf der Wülzburg. Das Divertissement für Oboe, Klarinette und Fagott lebt seinen spielerischen Ansatz in sieben Sätzen aus. Der »Ouverture«, die sich mit klassischen Mustern spielt, folgt eine »Burlesca«, die auf Possen insistiert. Dem bis zum eigenen Überdruss schmachtenden »Romanzero« antwortet ein trotz aller verfremdender Elemente musikantisch reinrassiger »Charleston«. Nach dem unverschämt schwierigen und ebenso guten »Thema con variazioni e fugato« huldigt »Florida« einer blühenden Schönheit im Dreivierteltakt, bevor der Komponist beim »Rondino.Finale« noch einmal alle Register zieht beim Spiel mit bekannten Motiven.
Nach diesem herzerfrischenden Divertissement vereinte ein Satz aus der Zelenka-Triosonate noch einmal alle fünf Künstler zu einer abschließenden Zugabe an ein hochzufriedenes Publikum. Engelbert Kaiser