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Benjamin Moser begeistert mit gefühlvoll mitreißendem Klavierspiel im k1-Studio. (Foto: Benekam)

Klassische Musik aus tiefster Verbundenheit und Demut

Das schöne an Werken Klassischer Musik ist, dass sie zwar zu einer bestimmten Zeit, in einem bestimmten Jahrhundert und unter bestimmten Einflüssen entstanden sind, aber in ihrer Klangschönheit nichts an Glanz verlieren. So sind diese Werke musikalische Überlieferungen von sensiblen Zeitzeugen, in diesem Fall Musikern, welche ihre Emotionen und Eindrücke musikalisch verarbeitet haben.


Damals wie heute verlangt das Komponieren dem Musiker weit mehr als gutes Handwerk ab, sonst bleibt es seelenlos und gerät in Vergessenheit. Außerdem braucht es virtuose Musiker, die fähig sind, in die Werke ihrer Komponisten emotional einzutauchen. Sie müssen nachempfinden können, was die Musiker von damals in Noten ausdrücken wollten, damit sie es bis heute wiedergeben können: von Musiker zu Musiker, von Instrument zu Instrument von Mensch zu Mensch.

Der international erfolgreiche Pianist Benjamin Moser beherrscht genau das. Er setzt sich – und das hört man seinem Spiel an – überaus intensiv mit den von ihm vorgetragenen Kompositionen auseinander, zelebriert sie in tiefster Verbundenheit und Demut und ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Die Zuhörer im k1-Studio in Traunreut, die sich zu seinem Konzert eingefunden hatten, schienen paralysiert und elektrisiert zugleich.

Im ersten Konzertteil brachte Benjamin Moser die »Lyrischen Stücke« des norwegischen Spätromantikers Edward Grieg (1867 bis 1900 komponiert) zu Gehör. Sie gelten als Inbegriff des romantischen Charakterstücks, das auch nationale, hier von der norwegischen Volksmusik bestimmte Eigenheiten mit einschließt. Sie sind Stimmungsbilder, Impressionen seiner Heimat Norwegen und haben dank Griegs Sinn für Melodien, die im Gedächtnis bleiben, für den Hörer einen großen Wiedererkennungswert. Aus den insgesamt zehn Heften mit Klavierstücken trug Moser »An den Frühling«, »Zug der Zwerge«, »Sommerflugl«, »Entschwundene Tage« sowie »Hochzeitstag auf Troldhaugen« vor.

Im Anschluss daran hatte die rechte Hand des Pianisten erst einmal Pause: das Stück »Prelude und Nocturne für die linke Hand allein« von Alexander Skrjabin wird, wie der Titel schon sagt, einhändig gespielt. Skrjabin hat das Stück im Jahr 1894 für sich selbst komponiert, und zwar weil er sich infolge übertriebenen Übens eine Entzündung des rechten Handgelenks zugezogen hatte. Mit Maurice Ravel, einem der Hauptvertreter des musikalischen Impressionismus, endete der erste Teil des Konzerts. Ravels Werk »Gaspard de la nuit« beruht auf drei Gedichten des französischen Romantikers Aloysius Bertrand und ist gespickt mit geradezu höllischen technischen Schwierigkeiten, welche aber Moser mit Leichtigkeit bewältigte.

Auf gleichbleibend hohem Niveau ging es nach der Pause mit dem zweiten großen Vertreter des musikalischen Impressionismus, Claude Debussy, weiter. Seine sechsteilige Suite »Children’s corner« ist ein impressionistisches Pendant zu Schumanns Zyklus »Kinderszenen« und eine Widmung an Debussys Tochter Chou-Chou. Vom Schwierigkeitsgrad ist sie alles andere als kinderleicht. Ebenso hochanspruchsvoll war im Anschluss Sergei Prokofjevs »Piano Sonata No. 7 in B-Dur« aus dem Jahr 1942. Dieses Werk ist geprägt von den Schreckensereignissen des Zweiten Weltkriegs und entstand während seiner Evakuierung in Tiflis. Gemessen am Applaus der Konzertbesucher war da nicht mehr viel Luft nach oben.

Benjamin Moser ist zweifellos einer der großen Vertreter seiner Kunst und macht durch seine exzellenten Interpretationen die Werke bekannter Komponisten unsterblich. Den k1-Gästen bescherte er einen genussvollen Klavierabend, für den er stürmischen Applaus und Bravorufe erntete. Als Zugabe gab der sympathische Pianist noch Robert Schuhmanns »Kinderszenen« mit auf den Heimweg. Eine Dame hinter mir brachte am Ende des Konzerts die Sache flüsternd auf den Punkt: »Sehr gefühlvoll. Schee!«. Kirsten Benekam

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