Nach einer eindrucksvollen Einführung im k1-Studio in Leben und Schaffen Telemanns hatte Alexander Krins, Leiter und Gründer des »ensemble Amphion«, die zahlreichen Gäste mit umfassenden Hintergrundinformationen auf den folgenden Konzertgenuss vorbereitet. Telemanns gigantisches musikalisches Vermächtnis lässt ihn bis heute als einen der größten Komponisten unvergessen bleiben. Allein 46 Jahre seiner Schaffenszeit verbrachte er in Hamburg, wo er als Musikdirektor die musikalischen Geschicke der Hansestadt prägte.
Als instrumentaler »Tausendsassa« und »Brückenbauer« zur Wiener Klassik setzte er sich mit seinem »epochenumspannenden« Komponieren ein Denkmal. Dass er als Komponist Autodidakt war, ist schwer vorstellbar, zumal sein umfangreiches musikalisches Erbe sowohl Kenner als auch Liebhaber europaweit begeistert – damals wie heute. Sein »vermischter Geschmack« unterschiedlicher Nationalstile trug prägend dazu bei, dass in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Kunstmusik in bürgerliche Kreise einzog. Im k1-Saal feierte das »ensemble Amphion« unter der Leitung von Alexander Krins (Violine) zusammen mit Musikern des Jugendstreichorchesters capella cantabile, Thomas Hartmann (Cembalo), Simon Nagl (Kontrabass) und den Solisten Friederike Klek (Blockflöte), Johanna Hartmann (Traversflöte), Corinna Metz (Viola da Gamba) einen würdigen Gedenktag. Ganz im Telemannschen Sinne war sicherlich die Tatsache, dass sich Musiker und Zuhörer dreier unterschiedlicher Generationen im Saal befanden, die – und das ist zweifellos in der heutigen Zeit eine Seltenheit – an der gleichen Sache allergrößtes Vergnügen fanden.
Dass Telemanns »galanter Stil«, mit dem er seiner Zeit »ästhetisch nach vorne dachte«, ganze 250 Jahre später junge wie ältere Musikliebhaber immer noch begeistert, sagt eigentlich alles. Auftakt des Konzerts war die Suite a-Moll für Blockflöte und Streichorchester TWV 55:a2. Das siebensätzige Werk verarbeitet französische, italienische, deutsche und osteuropäische Elemente und ist charakteristisch für Telemans »gout melange« (vermischten Geschmack). Gerade dem Blockflötenpart mit seiner Bevorzugung der hohen Tonlage sowie schneller Tonrepetition, den Friederike Klek hochvirtuos und immer in engem harmonischen Zusammenwirken mit dem Streichorchester meisterte, hört man an, dass Telemann dieses Instrument selbst gespielt hat.
Im folgenden Concerto a-Moll für Blockflöte, Viola da gamba und Streichorchester TWV 52:a1 kombiniert Telemann die Blockflöte mit den zarten Klängen der Viola da Gamba. Wunderbar kontrastreich, mit Vorbildcharakter interpretiert und in kongenialem Miteinander war das Werk ein selten gehörter Ohrenschmaus.
Musterbeispiel vollendeter Kammermusik war auch das im Anschluss gehörte 12. Pariser Quartett e-Moll für Traversflöte, Violine, Viola da gamba und Basso continuo TWV 43:e4, welches die Zuhörer in glanzvoller Interpretation des »ensemble Amphion« mit Johanna Hartmann (Querflöte) und Corinna Metz (Viola da gamba) begeisterte. Die hohen technischen Anforderungen bewältigten die Solistinnen mit einer Souveränität, die sie als wahre Meisterinnen an ihren Instrumenten auszeichnet.
Mit der Fantasia IV per il Violino senza Basso D-Dur TWV 40:17 kam im k1-Saal eine seltene Form barocker Instrumentalmusik – ein Solowerk – zu Gehör. Alexander Krins schien dieses Werk mit seiner Violine voller Respekt seinem Schöpfer zu Ehren – es wirkte fast wie ein »Ständchen«. Andächtig lauschten die Zuhörer den virtuosen und wohltuenden Klängen der Violine, die den großen Saal erfüllten. Die Fantasia IV erzeugt den Eindruck polyphoner Mehrstimmigkeit auf nur einem Melodieninstrument.
Das letzte Werk des Konzerts, das Concerto e-Moll für Blockflöte, Traversflöte und Streichorchester TWV 52:e2, zeigte noch einmal deutlich Telemanns großartigen Kompositionsstil: Die Vermischung italienischer und französischer Stilelemente, und im zweiten Satz mit einem polnischen Tanz auch ein Slawisches Element, sorgte für barocke Klangfreuden vom Feinsten. Im dritten Satz, »Largo«, lassen die Pizzicato der Streicher zu den Klängen von Flöten und Cembalo fast an einen Sommerregen denken, zu dem die virtuos gespielten Flöten wie Vögel im Duett ein Abendlied anstimmten.
Besonders hervorzuheben ist, neben der Leistung der Solisten, auch die der Nachwuchstalente des Jugendstreichorchesters capella cantabile, die sich kongenial ins Konzert einbrachten. Nach einem euphorischen Applaus freuten sich Konzertbesucher wie Musiker über eine Zugabe. Kirsten Benekam