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Klang-Forscher an die Schalenglocke!

Die Idee, sagt András Varsányi, von Haus aus Schlagzeuger, seit fast 30 Jahren Leiter der Sammlung Musikinstrumente im Münchner Stadtmuseum, war naheliegend: Musik »hörbar« zu machen. Schon unter seinem Vorgänger Georg Neuner wurde der Traum eines Klangmuseums an-geträumt. Nun sei er ausgeträumt, weil, mit einem 1. Teil, verwirklicht. Nicht nur, weil das Interesse an exotischen Klängen – das Stadtmuseum birgt eine Fülle von Klangerzeugern aus aller Welt, namentlich aus der Wiege der Menschheit Afrika – allgemein stark zunahm. Sondern auch, weil der Sammlungs-Chef es bei Konzertveranstaltungen, die die Musikinstrumentenabteilung seit 1987 kontinuierlich durchführt, nicht bewenden lassen wollte. Es galt, den verschiedenen Klängen auf den Grund zu kommen. Was super funktioniert, in einer Art Klanglaboratorium, auf Neumuseumsdeutsch »Soundlab«. Varsányi holte sich Experten ins Boot. Zwei von ihnen heißen Roland Fritsch und Ardhi Engl. Die bauten ihm ein Versuchsgebilde, das auf den Namen »Stampfröhren« hört. Damit wird die Technik imitiert, Rhythmen wie beim Händeklatschen in Tirol oder Andalusien hervorzubringen. Oder Nikolaus Warneke, gelernter Orgelbauer. »Unerhörtes aus dem Klanglabor« bietet der kreative Mensch mittels Klangstab und Hohlraumresonator. Er zaubert aus dem Ding, gebaut aus Padouk, Acrylglas, Messing, Alu, Kork und Kürbis, »Klänge zum Anfassen«.


Klang-Forscher sind in diesem »Soundlab«, das aus mehreren Stationen besteht, die alle selbst (und zwar ganz leicht, nach der tipp-topp gelieferten Anleitung) bedient werden können – Schulkinder haben tolle Erlebnisse und Riesenspaß am Ausprobieren – ausdrücklich erwünscht. Das Museum tritt als Bewahr-Anstalt völlig zurück. Es wird zum Aktiv-Schuppen. Mit Installationen, die einladende Namen tragen wie »Xylonator« (Kombination von Holzklangplatte mit Resonatoren, die die Veränderung von Klängen ermöglicht) oder »Schlitzohrtrommel«. Die ist als akustisches Telefon bei Kongo-Fluss-Bewohnern en vogue und heißt auch »talkingdrum«. Ein »heißes« Ding ist das große »Wunderkabinett«. Spielerisch wird da in die Welt der Organologie der Musikinstrumente eingeführt, in Selbstklinger und Fellklinger, Saitenklinger und Luftklinger.

Alles fängt – für Varsányi & Co. – bei Carl Orff an. Der 1982 gestorbene Erzmusikus ist, mit seinem »Schulwerk«, das Bindeglied zwischen Bayern und der ganzen Welt der Klänge. Ein »Fensterl zum Orff« will den Blick auf das Schlagzeug-Instrumentarium des berühmtesten modernen, nicht hoch genug einzuschätzenden bayerischen Komponisten lenken, gleich zu Beginn der ebenso wunderbaren wie wunderlichen Schau – die aktivste, die das Münchner Stadtmuseum je kreierte.

Hörproben und – gut beschriftete und erläuterte – Objekte (die in der »Orff-Vitrine« stammen aus Privatbesitz des Tonschöpfers) wechseln in der Ausstellung. Sie eröffnet den »dunklen Kontinent« als Musik-Großwerkstätte. Kaum zu glauben, was die Schwarzen für grandiose Erfinder von Klangerzeugern waren und noch immer sind! Die Japaner sind nicht zu vergessen. Von ihnen kennt man die »Schalenglocke«. Sie besteht aus Kupfer und Zinn und versetzt den Hörer der durch Anschlagen oder Darüberstreichen produzierten Töne, Klänge und Geräusche in magische Sphären. Unleugbar: die Magie ist hier mit im Spiel. Was in unseren Ohren befremdlich klingen mag, holt zeitlich und kulturell Fernes in den Sinn. Verstand und Gemüt werden gleichzeitig in Schwingung gebracht. Um nicht zu sagen: in Schwung.

»Soundlab.1 in der Sammlung Musik«, Münchner Stadtmuseum, Dauerschau, Di - So 10 - 18 Uhr, Mitmachführungen für Familien, für Kinder, für Schulklassen. Weiteres Vermittlungsprogramm auf der Homepage www.muenchner-stadtmuseum.de. Hans Gärtner

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