Bildtext einblenden
Mit kammermusikalischen Köstlichkeiten verwöhnten Leonie Trips und Patrick Leung im Kulturforum Klosterkirche in Traunstein das Publikum. (Foto: Benekam)

Kammermusikalische Köstlichkeiten

Kein Zweifel: Der Sommer geht zu Ende. Vielleicht grüßt er zum Abschied noch einmal zart romantisch in goldenen Farben. Dann läutet er den Herbst ein. Ähnlich verhält es sich mit dem »Musiksommer zwischen Inn und Salzach«, der mit seinen rund 30 Konzerten an unterschiedlichsten Orten zahlreiche Musikliebhaber verwöhnt hat.

In einem bewegenden Konzert im Kulturforum Klosterkirche in Traunstein lockte er mit hochkarätigem Programm und virtuosen Interpreten noch einmal zur Musik: »Neue Bahnen«, so der Konzerttitel, unter dem die international gefragte junge Traunsteiner Geigenvirtuosin (Trägerin des ARTS-Kulturförderpreises) Leonie Trips in Begleitung des Pianisten Patrick Leung (Salzburger Universität Mozarteum) Sonaten von Johannes Brahms und Clara und Robert Schumann kredenzte.

»Neue Bahnen« überschrieb Robert Schumann 1853 seinen Artikel in der »Neuen Zeitschrift für Musik«, in dem er überschwänglich den jungen Brahms lobte, und dem er so den Weg als Komponist bereiten wollte, so stand im Programm zu lesen. Diese »Neue Bahnen« sollten in der Folge eine intensive und in der Musikwelt vielbeachtete Freundschaft anbahnen, die unter anderem in romantischen Kompositionen kammermusikalischer Werke aller drei Künstler »hörbar« und somit mit den Mitteln der Musik spürbar wurden.

Wie also hört und fühlt sich Freundschaft an? Harmonisch? Nicht immer, versteht sich. Leidenschaftlich? Unbedingt. Geprägt von Höhen und Tiefen? Auch das kommt hin, wie auch abrupte Rhythmuswechsel infolge tiefer Auseinandersetzung. Und natürlich Variationsreichtum innerhalb der Themen – klar. Das, in Noten gefasst und mit Emotion angereichert an den Zuhörer weiterzugeben, erfordert nebst technischer Fertigkeit, die Gabe empathischer Hingabe. Nachdem die drei Komponisten nicht mehr selbst ihr Innerstes nach außen zu kehren imstande sind, obliegt es Interpreten, diese »Nacherzählung« zu übernehmen.

Das gelang Leonie Trips, mal ungeheuerlich und mal weniger intensiv, wobei sie in ihrer Virtuosität vollumfänglich überzeugen konnte. Lyrisch-sanglich und in konzentrierter Erzählweise ließ Trips in Leungs wohl angepasster Klavierbegleitung die Zuhörer in »Drei Romanzen« op. 22 von Clara Schumann eintauchen. Beeindruckend, wie die junge Geigerin in sauberer Grifftechnik und ruhiger Bogenführung agiert und auch in Brahms »Sonate für Violine und Klavier Nr. 1 G-Dur op. 78«, einem Werk voller melancholischer Wehmut (ein trauerndes Andenken an Claras Sohn Felix), den Seelenschmerz zwar nicht vollumfänglich, aber dennoch mit Verve zu vermitteln wusste.

Mit Robert Schumanns »Großer Sonate d-Moll für Violine und Klavier« ließ Leonie Trips im zweiten Konzertteil keine Zweifel daran, dass sie eine ganz große ihres Faches ist. Hatte es sich Schumann mit seinen Violinsonaten doch zur Aufgabe gemacht, das Streichinstrument aus seiner begleitenden Rolle zu befreien. Eben dies gelang Trips: In dynamischer und farblicher Feinarbeit emanzipierte sie sich mit drängender Intensität innerhalb des viersätzigen Werks.

Dafür gab es am Ende stehende Ovationen in der Klosterkirche und für die zuletzt doch entzückten Konzertbesucher als Dreingabe ein Brahms-Scherzo aus dem Kennenlernjahr (1853) der befreundeten Musiker. Kirsten Benekam

Mehr aus Kultur aus der Region