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»Heranziehendes Wetter« ist der Titel dieses Bildes von Julius Exter. (Foto: Giesen)

»Jedes Bild ist ein Geschenk an die Nachwelt«

Nach drei Jahren Pandemie-bedingter Pause im Exter-Kunsthaus fand erstmals wieder eine Vernissage statt, die von vielen Exter-Fans aus dem Chiemgau und von weither begeistert wahrgenommen wurde. Die neue Ausstellung mit Originalwerken von Julius Exter (1863 bis 1939) war seit nunmehr 43 Jahren in jedem Jahr der Höhepunkt der Ausstellungssaison im Exter-Kunsthaus in Übersee-Feldwies. Die diesjährige Präsentation mit dem Titel »Julius Exter – Licht und Farbe« ist bis einschließlich Sonntag, 10. September, zu sehen.

Die Werkschau umfasst – unabhängig von der ständigen Ausstellung mit 34 Originalwerken Exters im Großen Atelier – etwa 100 kleinformatige Bilder, von denen etliche restauriert und mit alten Rahmen versehen, bisher noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen waren. Der Besucher bekommt einen intensiven Eindruck von der sprühenden Leuchtkraft der Farben des Künstlers.

Museum seit 43 Jahren

Die Vernissage im Großen Atelier wurde eröffnet von der Leiterin des Exter-Hauses, Monika Kretzmer-Diepold, die seit seiner Gründung vor 43 Jahren Vorsitzende des Vereins Kunsthaus Übersee-Feldwies ist. Sie kümmert sich nicht nur laufend um Restaurierung und Erhalt der baulichen Gegebenheiten des Hauses, sondern ebenso um die Pflege des wunderbaren historischen Gartens, der heuer etwas später zu blühen anfängt als in wärmeren Jahren. Mit seinen üppigen Blumenrabatten und gepflegten Wegen ist er so gestaltet wie zu Exters Zeiten. Die Arbeitsstunden, die Monika Kretzmer hier seit Jahrzehnten verbracht hat, könnten – geschähe es nicht ehrenamtlich und mit Herzblut – von keiner öffentlichen Hand bezahlt werden. Allein der Garten ist einen Besuch wert, ebenso die unzähligen Blumentöpfe mit den schönsten Fuchsien, Kakteen und vielem anderen rund um Haus und Kleinem Atelierhaus. Heuer habe sie bereits 135 Kisten mit Dahlien verpflanzt, verriet sie.

Bilder aus der Bibel führen zu Werken Exters

Eine kurze, umso kenntnisreichere Einführung in die neue Ausstellung hielt Dr. Elmar D. Schmid, »der Exter-Experte schlechthin«, wie ihn Frau Kretzmer vorstellte. Der frühere Museumsdirektor Dr. Schmid »verlor früh sein Herz an Exters Werke« und forschte daher jahrzehntelang über den Künstler und verfasste mehrere Bücher über ihn.

»Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde…« zitierte Dr. Schmid aus dem Buch Genesis. Für einen Maler wie Exter seien Bilder aus der Bibel ein wesentlicher Strang, der zum Wesen seiner eigenen Bilder führe. Im Schöpfungsmythos nach Ovid, der auf dem babylonischen Gilgamesch-Epos beruhe, »trennte der Gott aller Dinge im Chaos die Erde vom Himmel, das Wasser von der Erde. … Er formte Ebenen und Berge und bekleidete sie mit Gras und Bäumen… Darüber setzte er die Wölbung des Firmaments, besät mit glitzernden Sternen…« Auch die (oftmals wiederholten) Titel der Werke Exters seien ein Zeichen, wie der Künstler als genauestens beobachtender Naturalist die sich immer wieder ändernden Phänomene in der Natur in Farben und Atmosphäre einmalig wiedergab, obwohl es sich um das gleiche Motiv handelt.

Schon vor 1900 löste Exter sich vom linienbetonten Malstil und suchte neue Möglichkeiten, um die Natur auf die Leinwand zu bannen. Er wandte sich der Freilichtmalerei zu und intensivierte sie bei Aufenthalten in Künstlerkolonien und im Ausland. Nach dem Kauf seines Sommerdomizils, dem kleinen Bauernanwesen in Übersee-Feldwies im Jahr 1902 rückten das Alpenvorland, sein neu angelegter Garten und der Chiemsee in den Mittelpunkt seines Schaffens.

Übersee wurde Heimat

Wegen seiner unvergleichlich leuchtenden, aus selbst hergestellten Farben sprühenden Malweise erhielt Exter von Zeitgenossen schon bald den Beinamen »der Farbenfürst«. Noch bis 1917 unterhielt der Künstler während der Wintermonate ein Atelier in München. Erst kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 aber zog er sich aus wirtschaftlicher Not ganz ins Bauernhaus nach Feldwies zurück. In diesen Notzeiten, in denen auch Malutensilien sehr knapp oder gar nicht erhältlich waren, tauschte Exter immer wieder Bilder (oft auf Pappe gemalt) gegen Naturalien. Dass er viele Bilder nicht verkaufen konnte, ist für die heutige Generation ein Glück, denn die Tochter des Malers, Judith Exter, vermachte seinen Nachlass dem bayerischen Staat.

Auch im Krieg setzte er sich weiter intensiv mit der ländlichen Umgebung auseinander. Neben ganzen Landschaftsbildern bevorzugte Julius Exter nun einzelne Motive – Kahn, Bach, Waldweg, Blumen und Gewächse im eigenen Garten.

Es ging dem Künstler nie um die fotografisch exakte Wiedergabe von Landschaften oder Einzelmotiven, sondern um die völlig unterschiedlichen Stimmungen, die die Landschaften in den verschiedenen Tages- und Jahreszeiten widerspiegeln. Die Farbe wird zum Stimmungsträger. Badende am Seeufer in gleißendem Sonnenlicht, der Chiemsee vom Wind bewegt, die Berge in warmes Nachmittagslicht getaucht oder eine Gebirgskette im Sonnenuntergang: Versenkt sich der Betrachter in die Bilder, ist es, als könne er die Temperaturen, die Atmosphäre in der Natur spüren. Durch die Magie des Lichts und den meisterhaften Wechsel von Licht und Schatten sind Bilder wie »Badestrand«, »Haus am Weg«, »Figur in Morgensonne« oder »Rosen« auf der einen Seite Dokumente der Landschaft am Chiemsee, andererseits sind sie zeitlose Kunst.

Nach Aussage der Kunstexperten der Bayerischen Schlösserverwaltung muss die Bedeutung des Malers Julius Exter in einer Linie mit den Münchner Künstlern Edward Munch und Franz von Stuck gesehen werden, die ebenfalls 1863 geboren wurden.

Die Ausstellung »Julius Exter – Licht und Farbe« ist bis Sonntag, 10. September, von Dienstag bis Sonntag jeweils von 17 bis 19 Uhr geöffnet. Montags ist geschlossen. Am Denkmaltag, Sonntag, 10. September, sind Haus und Garten von 14 bis 19 Uhr geöffnet. Im Kleinen Ateliergebäude findet während der Öffnungszeiten immer auch ein Antik- und Trödelmarkt statt, dessen Reinerlös dem Exter-Haus zugute kommt. Für Gruppenbesuche wird das Haus auch nach Voranmeldung unter Tel. 08642/895083 geöffnet. Christiane Giesen

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