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Der junge Posaunist Carsten Fuss war nur einer der Musiker, die Dirigent Christoph Adt zur Höchstform auflaufen ließ. (Foto: Heigl)

»Jeder einzelne Musiker ist ein Kraftwerk«

Es war tatsächlich keine Übertreibung, als Musikschulleiter Georg Holzner das Konzert in der gut gefüllten Traunsteiner Berufsschulaula mit den Worten: »Sie hören nun die Südbayerische Philharmonie mit Sitz in Bad Reichenhall, es spielen 33 Spezialisten für Sie«, ankündigte. Mit der Ouvertüre aus Figaros Hochzeit, die nicht auf dem Programmzettel stand, eröffnete der Dirigent Christoph Adt das Konzert temperamentvoll und bereitete die Ohren der Zuhörer mit Bekanntem auf das Folgende vor.


Die slawische Rhapsodie in As-Dur op. 45,3 von Antonin Dvorak, die von den perlenden Naturtönen der Harfe eingeleitet wurde und der ein laues Frühlingslüfterl der Klarinetten folgte, begleitet vom süßen Honigtau der Geigen und unterbrochen vom Gewitter der Pauken, erlebten die Zuhörer vielleicht wie einen romantischen Spaziergang durch die Natur. Diese inneren Bilder können bei jedem natürlich auch ganz anders ausgesehen haben, fest steht jedoch, dass die romantische Poesie der musikalischen Sprache Dvoraks im Orchester einen innigen Ausdruck fand.

Mit dem Komponisten Georg Christoph Wagenseil, einem Zeitgenossen Mozarts und einem Vertreter der Wiener Klassik, der gerne auch ungewohnte Instrumente für die Solokadenzen einsetzte, folgte der nächste Programmteil mit dem jungen Posaunisten Carsten Fuss als Solisten. Butterweich, und trotzdem glasklar und strahlend, mit enormer innerer Bewegung, die sich auch in seiner Körpersprache widerspiegelte, war das Spiel des jungen Musikers; er ist mehrfacher Preisträger von Jugend musiziert, auch im Fach Klavier. Ein erhebendes, ja festliches Stück Musik, im Programmzettel als rarer Höhepunkt der Wiener Klassik beschrieben.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends, war die Sinfonie Nr. 4, die »Tragische« von Franz Schubert. Hier hatte man beim Zuhören das Gefühl, die gedrungene Gestalt Schuberts vor sich zu sehen, mit dem ernsten Blick des Genies. Welch eine Kunst, die musikalische Sprache und den Geist Schuberts derart einzufangen!

Düster und schwer war das Adagio molto, mit dem rauen Klang der Celli, grundiert mit dem schwarzen Klang der Kontrabässe, dann das Allegro vivace und das Andante, aufwühlend romantisch wie ein Roman von Stefan Zweig. Glühend, aufgeregt, vital und leidenschaftlich brannten sich dann die letzten Sätze des Stücks in die Ohren des Auditoriums, Grenzen auslotend dirigiert von Christoph Adt, der mit seiner Statur an Schubert, und mit seiner üppigen und gelockten Haarpracht an Simon Rattle erinnerte.

In der ersten Reihe konnte man den musikalischen Leiter des Traunsteiner Symphonie-Orchesters, Augustin Spiel, noch lange, nachdem der letzte Ton verklungen war, selig lächeln sehen. Jeder der 33 Musiker des Orchesters sei ein Kraftwerk, so Spiel auf die Frage, wie es ihm denn gefallen habe. So existenziell habe er die Sinfonie noch nie gehört. Sonst habe er sie eher mit geglättetem Ausdruck erlebt. Wie so oft: Die richtige Mischung macht es eben. Christoph Adt und sein Orchester haben eine wunderbare Balance gefunden zwischen tragischem und pathetischem Ausdruck.

Die Titel der Bücher Stefan Zweigs, »Die Ungeduld des Herzens«, »Der Rausch der Verwandlung« und »Brennendes Geheimnis«, wären die ideale Beschreibung für die großen Gefühle, die in den einzelnen Sätzen aufbrandeten. Das Publikum, hingerissen, getroffen, verletzt und geheilt. Barbara Heigl

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