Bildtext einblenden
Geniale Parodie: Stefan Schimmel alias Falco im bügelglatten Hemd von der Mama – der Ausflug in die Austro-Pop-Szene begeisterte das NUTS-Publikum. (Foto: Hans-Joachim Bittner)

Hohes Tempo fordert den Geist

Das Wichtigste an seinem künstlerischen Ausdruck ist wohl die Tatsache, dass er auf der Bühne ganz und gar er selbst bleibt. »Phantomscherz« heißt das zweite Programm von Stefan Schimmel. Er selbst genoss den Abend in der ausverkauften Traunsteiner Kulturfabrik NUTS selbst in vollen Zügen: »Diesbezüglich ist das hier natürlich ein Traum. Weil man so schön nah am Publikum dran ist«, sagt der 51-jährige Reichenhaller. »Es ist eine Mischung aus Kabarett, Comedy und Entertainment, was unsere 120 Gäste da gesehen haben«, ergänzt Franz-Josef Fuchs vom Veranstalter zufrieden.

Die Atmosphäre ist zu Beginn gespannt, die Erwartung nach der Premiere vor drei Wochen im Bad Reichenhaller Magazin3 immens. Jetzt muss er liefern. Doch Schimmel wäre nicht Schimmel, würde er nicht genau das tun: Treffsicher mit zielgerichtetem Humor, der in dieser Zeit so angenehm daherkommt. Alles ist pur, echt, unverfälscht, authentisch. Keine großen Rollen wie beim Debüt-Programm, diesmal »einfach nur« der Schimmel, in Prosa sozusagen. »Griaß Eich«, das darf nie fehlen. Das Grüßen inklusive Diener lernte er in der Pension seiner Oma. Die gab ihm 50 Pfennig, wenn er die Gäste ordentlich begrüßte. »Da hab ich mir an einem Tag 37,50 Mark zusammengegrüßt – bei nur einem Gast. Der reiste am nächsten Tag total entnervt ab.« Vom Alois erzählt er viel: »Den fragte ich mal, ob er einen hohen oder niedrigen IQ hat. Er wollte wissen, was besser ist.«

Der ehemalige Sportredakteur breitet sein Privatleben offen aus. Und wundert sich über ein Warnschild an seinem neuen Superman-Anzug, der ihn durch den Fasching tragen soll: »Nicht zum Fliegen geeignet.« Er fragt: »Müssen wir auf alles hingewiesen werden? Dass Langlaufski nicht für die Streif geeignet sind oder die eigene Frau über den Bordellbesuch nicht glücklich sein wird?« Schimmel hat einen schiefen Schneidezahn, glaubte er jedenfalls. Sein Dentist klärte ihn auf: »Ich habe eine gute Nachricht für Sie – der Zahn ist gerade. Alle anderen sind schief.«

»Störfeuer« des Publikums umschifft er gewohnt spontan und baut die entsprechenden Herrschaften kurzerhand ins Geschehen ein. Inklusive gelungenem Ausflug in die Austro-Pop-Szene: Ambros, Danzer, Falco, STS, na klar, Fendrich und die EAV sorgen rasch für »Abkühlung« an diesem Comedy-Abend im vollen Haus. Die Musikeinlagen mit dem starken Gitarristen Volker Schach – die Nummer »Des check i eh nie« stammt aus eigener Feder – dienen den Gästen als »Erholungsphasen«, weil das Tempo des Gag-Feuerwerks den Geist durchaus fordert. Die Muss-»Gäste« Maffay, Grönemeyer, Carpendale, Kaiser, Drews und Wecker, den hat Schimmel einfach eins-zu-eins drauf, folgt ein Gedicht über Dieter Bohlen: Mit gestohlenen Dohlen, unverhohlen, auf leisen Kohlen, äh Sohlen, mit Banderolen und Parolen, am Ende einer Dame mit Fohlen, aus Polen. Unbeschreiblich, der Wortwitz.

Um 22.45 Uhr ist auch die Zugabe beendet. Die Menschen gehen belustigt, erfreut, gelöst nach Hause. Sie sind froh, dabei gewesen zu sein. Die nächsten »Phantomscherz«-Abende gibt es am 14. Januar in der Salzachhalle Laufen und am 11. Februar in der Traunreuter Theaterfabrik

Hans-Joachim Bittner

Mehr aus Kultur aus der Region