Unter dem Motto der fünfstimmigen Motette »Herr, auf dich traue ich« fand in der ehemaligen Klosterkirche St. Lambert in Kloster Seeon ein festliches Pfingstkonzert statt.
Der Sing- und Musizierkreis Seeon unter der Leitung von Andrea Wittmann erfreute mit einem bunten Reigen von bekannten und unbekannteren Chorwerken und spannte dabei einen Bogen von der Renaissance bis zur Romantik. Die beiden Solotrompeter der Münchner Staatsoper, Johannes Moritz und des Mozarteums, Andras Gergely Gerhardt stimmten gleich zu Beginn mit Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759) und »The Arrival of the Queen of Sheba« sowie »Eternal Source of Light Divine« auf den festlich-feierlichen Charakter des Konzertes ein.
Die Wahl der Komponisten sei mit der Geschichte der Kirche verbunden, sagte die Organistin Andrea Wittmann, die den beiden Solisten sowohl auf der großen Orgel als auch auf der Truhenorgel im Altarraum, nicht nur ein sicheres Fundament bot, sondern gemeinsam mit ihnen die Botschaft des jeweiligen Werkes herauskristallisierte.
In seinen einführenden Worten stellte Pfarrer Dr. Florian Schomers die musikalische Feierstunde im sakralen Raum unter das benediktinische Motto »ora et labora«, zwei Begriffe, die auch für Geist und Körper stehen, so der Geistliche. Der Mensch sei ein geistiges Wesen, der das »ora«, das Gebet, besonders in dieser leistungsorientierten Welt brauche – zum Beispiel in dieser Konzertstunde, die »neue Impulse, Ideen, Trost und Hoffnung« als Gaben des Hl. Geistes spenden könne. Musikalisch trat dieses Thema auch in der »Orgelimprovisation und Chor« zu »Der Geist des Herrn« auf und zum Schluss durften die Besucher in einem großen Chor »Der Geist des Herrn erfüllt das All« singen und so den Geist auf sich wirken lassen.
Der Wechsel zwischen den Trompetenfanfaren und dem Chorgesang brachte Vielfalt und Perspektivenwechsel ins Programm, so etwa die »Sinfonie de Fanfares« von Jean-Joseph Mouret (1682 bis 1738), das Konzert für zwei Trompeten in C-Dur von Antonio Vivaldi (1678 bis 1741) und der »Auftritt der Priester« aus »Die Zauberflöte« von Wolfgang Amadeus Mozart, dessen Konterfei von Angerer dem Jüngeren auf dem Klostergelände zu sehen ist. Die Suite in D-Dur aus der »Wassermusik« von Georg Friedrich Händel ließ an Königliches der vergangenen Wochen in England denken.
Im Kyrie aus der »Missa super II me suffit« LV 649 von Orlando die Lasso (1532 bis 1594) baute der Chor viel Spannung auf, nachdem die verschiedenen Stimmregister den Kyrieruf wie das Bild einer aufgehenden Sonne erstrahlen ließen und den Klang dem Kirchenraum übergaben, dessen majestätische Architektur der Aufführung eine zusätzliche spirituelle Dimension verlieh.
Auch mit dem Pedro de Cristo (um 1545 bis 1618) und seiner Motette »In monte Oliveti« – ebenfalls aus der Renaissancezeit – versetzten die Sängerinnen und Sänger den Sakralraum in seine Blütezeit zurück. Diese Musik wirkte wie die Wiederentdeckung eines musikalischen Schatzes, der zum Leben erweckt wurde und erinnerte gleichzeitig an das Gebet von Jesus am Ölberg vor seinem Tod.
Die drei barocken Motetten von Heinrich Schütz (1585 bis 1672) »Herr, auf dich traue ich«, »Also hat Gott die Welt geliebt« und »Alle Augen warten auf dich, Herr« fanden ihr Pendant in den drei romantischen Chorsätzen von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) »Hebe deine Augen auf« für Frauenchor und dem achtstimmigen »Denn er hat seinen Engeln befohlen« aus dem Oratorium »Elias«, sowie in »Denn in seiner Hand«.
Die Fuge im »Abendlied« von Josef Gabriel Rheinberger (1839 bis 1901), das den Emmaus-Gang in Erinnerung bringt, zeigte symbolisch, dass nicht nur die vier Chorstimmen, sondern alle Menschen den Herrn um seine Nähe bitten dürfen. Die Aufführung zeigte eindrucksvoll die zeitlose Schönheit der Musik und bewies, dass die Werke vergangener Jahrhunderte auch heute noch die Kraft haben, Menschen auf tiefgründige Weise zu berühren. Brigitte Janoschka