Sie versetzten die Zuschauer in die Zeit des dritten Sklavenkriegs im Römischen Reich. Im Jahr 73 vor Christus wurde Spartacus gemeinsam mit anderen Thrakern gefangen genommen, von seiner Geliebten Phrygia getrennt und zu einem Leben als Gladiator gezwungen. Als er zur Belustigung des römischen Feldherrn Crassus im Kampf seinen Kameraden töten muss, beschließt er, seine Freiheit zurückzuerobern. Er stachelt andere Gladiatoren zum Aufstand an, besiegt seinen Widersacher und wird mit Phrygia wiedervereint.
Doch das Glück währt nur kurz: Crassus, dem Spartacus in einem Zweikampf das Leben schenkt, erträgt die Schmach nicht. Angespornt von seiner Geliebten, der kühl-berechnenden Aegina, zieht er gegen Spartacus, der letztlich auf den Speeren der römischen Soldaten gekreuzigt wird.
Kraftvoll, energiegeladen und martialisch inszeniert Grigorovich den Kampf der beiden Krieger. Sergei Polunin gibt den eitlen, selbstverliebten und seiner Kurtisane verfallenen Crassus mit Verve. Ihm gegenüber steht mit Osiel Gouneo der aufrechte Spartacus, der über eine unerschöpfliche Energie zu verfügen scheint. Athletisch hoch anspruchsvolle, weitgehend klassische Bewegungen kennzeichnen die beiden Protagonisten, die mit weiten und hohen Sprüngen regelrecht über die Bühne fliegen. Ihr Verhältnis wird gespiegelt in den beiden Frauenfiguren: Auf der einen Seite die auf ihre erotische Macht bauende Aegina (wunderbar frivol und lockend: Natalia Osipova). Auf der anderen Seite die zarte, liebende Phrygia (zerbrechlich: Ivy Amista).
Kennzeichnend für »Spartacus« sind die ungewohnt häufig vom männlichen Teil des Ensembles dominierten Massenszenen, die im Kontrast zu den Monologen der Hauptfiguren stehen. Vor dem dunklen, aber monumentalen Bühnenbild (Simon Virsaladze) marschieren immer wieder Soldaten auf, deren oft maschinenartige Bewegungen die Musik von Aram Chatschaturjan aufgreifen. Mit Marschtrommeln und Paukenschlägen zeigt das Bayerische Staatsorchester unter der Leitung von Karen Durgaryan das Martialisch-Unpersönliche der römischen Kriegsmaschinerie – und schlägt zugleich für die Pas de deux die zarten Töne an.
Am Ende gibt es verdienten Applaus und kräftiges Fußgetrampel für das fast 70-köpfige Ensemble und seine vier Solisten. Geschlossen von den Stühlen reißt es das Publikum im ausverkauften Nationaltheater jedoch, als Altmeister Grigorovich selbst auf die Bühne kommt. Als Herzstück des Moskauer Bolschoi-Theaters gilt »Spartacus« inzwischen als eines der bekanntesten Werke der Ballettgeschichte. Leger im Pullover nimmt der rüstige 89-Jährige die Ovationen entgegen – und schickt bescheiden lieber die Tänzer nach vorne an den Bühnenrand. Elke Richter