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Der großartige Choreograph Özkan Ayik erfand und inszenierte einen blitzkurzen »Tag Zwei«. (Collage: Gärtner)

Harte Musik vom Tonband

»Die Rückschau ist die Geste des Stillstands schlechthin«, schreibt Cécile Wajsbrot, Trägerin des Prix de l`Académie de Berlin, im letzten »Max Joseph«, dem Magazin der Bayerischen Staatsoper unter der Intendanz von Nikolaus Bachler.

Rückschau hält gottlob kein schwarzer Othello, wie ihn der russische Choreograf Emil Faski für den Start der diesjährigen Münchner Opernfestspiele sieht: in einer hochdramatischen Retrospektive auf die Entstehung seiner Eifersucht eines stolzen Siegers, der allerdings die Waffen strecken muss, als er Desdemona in anderen Liebeshänden wähnt.

Dass die Bayerische Staatsoper ihre Opernfestspiele 2021 mit Ballett im Prinzregententheater startet, ist ungewöhnlich. Wollte sich so der scheidende Intendant mit »Heute ist morgen« vor dem »Zeitgenössischen« verbeugen, was Musik – freilich nur vom Tonband, leider oft zu hart und phonstark – von Richardson, Loseil, Hopkins, Schostakowitsch, Górecki und Drums angeht wie es drei jungen Choreografen (Charlotte Edmonds, Özkan Ayik, Emil Faski) die Chance gibt, ihr Können an prominenter Stelle zu markieren? Zweifellos hat das Schluss-Stück »Othello« mit dem exzellenten Titelpartie-Gestalter Emilio Pavan und einem herrlich aggressiven Jago-Widerpart (Jonah Cook) die Emotionen des brav Masken tragenden Publikums an die Grenze des Ertragbaren getrieben. Da verblassten die vorangegangenen Stücke zumindest vom Anspruch her: das wunderbar ironisierende Ballett »Generation Goldfish« mit fabelhaft karikierenden Einzel-Auftritten, im menschlichen »Fisch-Gebaren« das »Tanzbare« zu erkennen und das blitzkurze, ganz in tristes Schwarz getauchte Stück »Tag Zwei«, welches das Kontinuierliche des Alltags tänzerisch grandios, atemberaubend, einfing.

Kein Wunder, dass das durchwegs junge Publikum höchst angetan von dem dreifachen Uraufführungs-Angebot des famosen Staatsballett-Ensembles war. Es ließ nicht locker, den Tänzerinnen und Tänzern in der Staatsoper Applaus zu spenden und in diesen die persönlich anwesenden Choreografen einzubeziehen. Hans Gärtner

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