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Der Ludwigshöher Dreigesang, begleitet von den Chiemseer Musikanten. (Foto: Kaiser)

Harmonische Verbindung von Volksmusik und Klassik

Für den vierten Adventsonntag hatte Bert Dirsch von den Chiemseer Musikanten für die Rimstinger St. Nikolauskirche ein ansprechendes »Vorweihnachtliches Konzert« zusammengestellt. Zwei Instrumentalensembles, eine Gesangsgruppe, eine Sopransolistin und ein Organist genügten ihm, um in geschickter Verquickung und Mischung eine musikalisch kurzweilige Abwechslung zu erzielen. Zwei Sprecher, Albert Lachner und Matthäus Matejek, ergänzten mit teils kritischen, teils tiefschürfenden Beiträgen den Spätnachmittag zu einer runden Gesamtwirkung.


Zur Eröffnung erklang auf der großen Kirchenorgel ein munterer Marsch aus den Flötenuhrstücken von Joseph Haydn; ein weiteres Stück aus diesem Zyklus folgte später. Die Chiemseer Musikanten als Gastgeber führten sich in der Besetzung Zither, Hackbrett, Harfe, Gitarre und Streichbass mit einem graziösen Menuett in A-Dur ein. Drauf spielte die Streichergruppe mit zwei Geigen, Querflöte und Cello einen eleganten Kontretanz. Im Verlauf des Programms »halfen sich« die Musikanten gegenseitig »aus«, so bei einem »Langsamen Walzer« und beim prächtigen »Embacher Boarischen« des Tobi Reiser in einer aparten Klangmischung.

Das Streichquartett (Maria Hackl, Laura Geisler, Angela Bösl und Oliver Bösl) intonierte wunderbar getragen die Weise »Es mag ned finster werdn«, überzeugte dann genauso mit dem 1. Satz aus W. A. Mozarts Streichquartett Nr. 12 in ausgefeilter Darbietung. Alexander Mangstl, der Harfenist der Chiemseer Musikanten, zog die Zuhörer mit dem Andante aus der Sonate Nr. 2 für Violine solo von J. S. Bach in seinen Bann, das er in einer Bearbeitung für sein Instrument mit großer Ruhe und tiefem Ausdruck gestaltete. Die problemlose und »angstfreie« Verbindung von Volksmusik und klassischen Musikstücken ist ja geradezu ein Markenzeichen der Programmgestaltung des Dirsch Bert.

Das bewährte sich auch in den Beiträgen der Sopranistin Barbara Baier. Die Arie »Brich an, du schönes Morgenlicht« aus J. S. Bachs Weihnachtsoratorium, begleitet vom Streichquartett, interpretierte sie kraftvoll und überzeugend wie auch »Schafe können sicher weiden« aus Bachs Kantate Nr. 208; ganz schlicht und ehrlich sang sie »Tochter Zion« zur improvisierten Harfenbegleitung. Der Ludwigshöher Dreigesang, zwei Frauenstimmen und ein hoher Tenor in feiner, reiner Abstimmung, sang zu wechselnder Begleitung, mit Harfe (»In einer kalten Winternacht«), mit Geigen und Saitenquintett (»Auf, auf, es is scho Tag«) und, zu sehr subtiler Zitherbegleitung, »Nun es nahen sich die Stunden«.

Die Beiträge der Sprecher waren thematisch weit gespannt. Sie reichten von dem ironischen »Weihnachten, chemisch gereinigt« von Erich Kästner (»Wer nichts kriegt, kriegt Geduld«) über den anrührenden Briefwechsel zwischen Virginia und der New Yorker »Sun« auf die Frage »Gibt es das Christkind?« Aufrüttelnd wirkte das »Weihnachtsmärchen« von Probst Helmut Wöllenstein: »Ausländer raus!«; »Auf, auf zum Christkind« warnte davor, »mit Gefühlen das Gefühl zu töten« und rief dazu auf, »vor lauter Besinnlichkeit das (Nach-)Denken nicht zu vergessen«.

Die Frage, ob Weihnachtslieder und Hirtenszenen in einem Adventssingen oder vorweihnachtlichem Konzert Platz haben, hat Paul Ernst Rattelmüller bereits 1975 dahingehend beschieden, dass man »frühestens am 4. Advent mit Anstand einige Weihnachtslieder bringen kann, sozusagen als Hinweis auf den Heiligen Abend, der ja vor der Tür steht«. Ganz korrekt also leiteten die Chiemseer Musikanten mit einer intimen Hirtenweise den letzten Teil des Konzerts ein, Barbara Baier antwortete mit »Ich steh' an deiner Krippen hier« aus dem »Schemelli«-Liederbuch. Der Text »Nehmen wir an....« von Hans-Werner Bartsch eröffnete, von der Harfe mit dem »Moderato« aus Giovanni Battista Pescellis Sonate c-Moll untermalt, einen ganz neuen, zeitbezogenen Zugang zur Weihnachtsgeschichte. Nach einem Potpourri aus den wirklich schönsten Weihnachtsliedern mit Streichquartett und Flöte und dem »Es wird scho glei dumpa« des Saitenquintetts hatte der »Letzte Hirte(nbub)« endlich seinen Auftritt und bezauberte mit seiner Natürlichkeit die Zuhörer.

Danach war, am Vortag des Heiligen Abends, auch »Stille Nacht« nicht fehl am Platz. Engelbert Kaiser

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