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Der Tenor Virgil Hartinger bei »Lunga da lei« aus »La Traviata« von Verdi, dahinter die Musiker des Musikkollegium Traunstein und rechts der Leiter Augustin Spiel. (Foto: Kaiser)

Geschmackvolles Pasticcio Musicale in Traunstein

Ein volles Haus, erwartungsfrohe Gäste, ein bestens aufgelegtes und vorbereitetes Orchester und ein sympathischer, mitreißender Sänger – ein solcher Abend muss ein Ereignis werden!


Bereits die ersten volltönenden Akkorde der Ouvertüre zur Oper »Martha« von Friedrich von Flotow (1812 bis 1883) in der Aula der Berufsschule Traunstein kündigten es an; saubere, punktgenaue Pizzikati, ein prächtiges Hornsolo (»Mag der Himmel Euch vergeben«) und weitere bekannte Arienmelodien führten zu einem grandiosen Con-tutti-Finale mit Pauken und zwei Schlagwerkern.

Zwischen jeweils drei Sätzen der ansprechenden, eingängigen, teils auch dramatischen Ballettmusik aus der Oper Faust von Charles Gounod (1818 bis 1893) hatte der Tenor des Abends, Virgil Hartinger aus Salzburg, seinen ersten Auftritt. Nach seiner äußerst lustigen Einführung in das Thema des Liedes erlebten die Zuhörer ihn als »Italienischen Tenor«, wie man selten einen zu hören bekommt, mit der Arie »Una fortiva lagrima« aus der Oper »Der Liebestrank« von Gaetano Donizetti (1797 bis 1848) in klarer, angenehm timbrierter Stimme ohne Vibrato, mit sicheren, unangestrengten Höhen.

Das durchdachte, hochkünstlerische Vorspiel zu »La Traviata« von Guiseppe Verdi (1813 bis 1901) leitete über zur Arie des Alfredo »Lunga da lei« aus dieser Oper, die er ebenso bravourös und makellos absolvierte wie die »Heimliche Träne«.

Wie Augustin Spiel die Polka aus der »Verkauften Braut« von Bedrich Smetana (1824 bis 1884) dirigierte, voll lässiger Spannung und mitreißender Eleganz (er hat halt das Gespür fürs »Böhmische«), war eine famose Einleitung zum zweiten Teil des Abends. Virgil Hartingers Arie des Hans »Es muss gelingen« kam nach seiner humorvollen Ansage zu den schwierigen Liebesverhältnissen schlicht und ehrlich und gerade dadurch überzeugend. Operette »kann« er auch, mit sympathischem Schmäh eingefärbt, »Eine Nacht in Venedig« von Johann Strauß Sohn (1825 bis 1899) ist aber auch (musikalisch!) ein Spitzenprodukt dieses Genres. Daraus sang Virgil Hartinger »Ach wie so herrlich zu schau’n« und »Komm in die Gondel«. So schön kann also Operette sein, wenn ein im Oratorienfach ausgebildeter Tenor sie liebevoll interpretiert und veredelt.

Zwischen diesen beiden Liedern und danach brachte das Musikkollegium Werke von Josef Strauß (1827 bis 1870), den Augustin Spiel ja ganz besonders mag, zuerst »Brennende Liebe«, Polka Mazur op. 129. Eigentlich ist mit diesem Begriff eine Blume gemeint, er wird aber meist anders interpretiert, wohl wegen der duftig-kapriziösen Musik. Danach folgten der schwelgerische Walzer »Wiener Blut« und der aufmüpfig-freche »Banditen-Galopp«, beide exzellent musiziert. Das Publikum wollte Zugaben. Virgil Hartinger entschloss sich, das »Gondellied« zu wiederholen, das Musikkollegium gab den »Radetzky-Marsch« von Johann Strauß Vater in einem sauberen, flotten Tempo zu.

Die Zuhörer waren hell begeistert von der herzerfrischenden Art des großartigen Tenors und der grundsoliden Leistung des Orchesters. Engelbert Kaiser

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