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Die Macher des neuen Musiktheaters in Laufen: (v.l.n.r.) Thomas Netter, Andrea E. Maier, Anna Knott, Stefan Lang. (Foto: Danielle Rieger-Böhm)

Geschichte einer »Zurückgelassenen« als Musiktheater in Laufen

Etwas Außergewöhnliches ist momentan in Laufen zugange: Heimische Künstler und Künstlerinnen haben sich zusammengefunden, um ein eigenes Musiktheater-Projekt aus der Taufe zu heben. Unsere Mitarbeiterin Danielle Rieger-Böhm hat mit den Hauptverantwortlichen gesprochen.

Nach dem großen Erfolg von »Jesus Christ Superstar« 2019 in der Stiftskirche hatte man das Gefühl, das könne nicht alles gewesen sein. 1600 Zuschauer: das verlangte nach einer Fortsetzung! Aber in welcher Art und Weise? Stefan Lang, Komponist und E-Gitarrist, erzählt, dass ihm ein Buch von Luise Rinser mit dem Titel »Mirjam« in die Hände gefallen ist, das ihn nicht nur wegen der Namensgleichheit mit seiner Tochter neugierig machte. Beim Lesen fielen ihm Melodien zu und er begann, Lieder über Maria Magdalena zu schreiben.

Bei einer Tauffeier fragte er die Autorin Andrea E. Maier (beide singen im Laufener Gospelchor), was sie von einem Stück über die Figur »Maria Magdalena« halte. Es verging einige Zeit, während Andrea E. Maier Ideen als Basis für die Texte sammelte. So entstanden neun Szenen, acht Songs in englischer und eine Dialogfassung in deutscher Sprache. Stiftskantor Thomas Netter konnte als Musikalischer Leiter dieses Projekts gewonnen, in den Schaffensprozess mit einbezogen werden, und die Idee konkretisierte sich.

Die Handlung wollen die drei Laufener nicht im Vorhinein erzählen, aber so viel sei verraten: Die Story wirft einen alternativen Blick auf die Begleiterin von Jesus von Nazareth, die hauptsächlich aus Liebe heraus agiert und somit einigen ihrer Zeitgenossen weit voraus ist. Die Handlung setzt bei der Kreuzigung von Jesus ein. Maria Magdalena wird ausgegrenzt, die Jünger achten sie nicht und empfinden sie als Provokation. Es ist die Geschichte einer »Zurückgelassenen«, die zu Jesu Lebzeiten eine besondere Stellung einnahm. Dabei spielt die Hoffnung ein zentrales Thema.

»Warum ist dieses Thema heute aktuell? Warum greift ihr diese Geschichte auf?« Andrea E. Maier: »Die Stellung der Frau ist bis zum heutigen Tage noch nicht voll akzeptiert – weder in der Gesellschaft noch in der katholischen Kirche.« Stefan Lang: »In einem der Songs – »Why a Man?« – wird die Frage aufgeworfen, warum Gott eigentlich ein Mann sein soll.« Anna Knott, Schauspielerin und Sängerin: »Ist Gott nicht unnennbar und undefinierbar, sondern eher ein Gefühl?«

Autorin, Komponist und Dirigent waren sich schnell einig, wer diese besondere und starke Frau darstellen sollte: Anna Knott aus Freilassing. Stefan Lang hatte sie in Laufen nach einem Konzert im Oktober 2021 im Alten Rathaus angesprochen und nach dieser Begegnung kam für die Titelrolle nur noch Knott in Frage. Trotzdem musste Anna Knott vorsingen, erzählt sie. Mit ihrem sanften, aber bestimmten Wesen, ihrer Anmut und Klugheit kann man von einer Idealbesetzung für Maria Magdalena sprechen.

Ihr Gegenspieler, der Apostel Johannes, wird aus den Reihen des Laufener Gospelchors, den Thomas Netter bereits seit 15 Jahren erfolgreich leitet, besetzt. Der Jünger Johannes, dargestellt von Johannes Heimerl, findet mit seiner Art viele Anhänger, denen Maria Magdalena nichts entgegensetzen kann – außer ihre Liebe. Als Regisseur konnte man Gerald Es aus Salzburg gewinnen, der bereits die Historienspiele in Laufen geleitet hat. Die vier Hauptverantwortlichen sehen ihn als »ideal für die Zusammenarbeit mit Laien, da er die Leute dort abholt, wo sie herkommen. Die Probenatmosphäre ist sehr entspannt und doch fordernd. Es wird viel gelacht, und jeder hat große Freude am Schauspiel. Es ist erstaunlich, wie viele verborgene Talente sichtbar gemacht werden«, so der einhellige Tenor der vier Gesprächsteilnehmer. Die Laienschauspieler und Sänger, die auch Solopartien übernehmen, kommen aus den Reihen des Gospelchors. Die Kinder des Nachwuchs-Chors »Stiftsmäuse« sind ebenfalls dabei. Die einzige Berufsschauspielerin, Anna Knott, beschreibt ihr Erlebnis bei der Probenarbeit folgendermaßen: »Neben der Freude ist eine große Ehrlichkeit im Schauspiel spürbar. Diese Gemeinschaft hat echt viel Power.« Auf die Frage, wie sie ihre Rolle der Maria Magdalena angeht, sagt Knott: »Aus dem Gefühl heraus. Manchmal wird aus anfänglicher Improvisation die ideale Lösung gemeinsam entwickelt. Es besteht eine gewisse Freiheit in der Weiterentwicklung. Es ist ein Geschenk, den Komponisten und die Autorin immer live dabei zu haben. Es ist eine tolle Teamarbeit!«

»Was darf das Publikum musikalisch erwarten?« Stefan Lang: »Dieses Musiktheater ist eine Huldigung an die ‚Mitte‘. Es sind eingängige, aber sowohl musikalisch als auch textlich anspruchsvolle Lieder im Pop-Rock und Gospel-Stil.« Thomas Netter schrieb die Chorsätze und zusammen mit dem Komponisten die Arrangements für die Band, die aus Saxofon (Christina Veit), Gitarre (Stefan Lang), Percussion (Max Hark), Schlagzeug (Christian Stehböck), Bass (Philipp Wipfler) und Klavier (Thomas Netter) besteht. Alle Musiker stammen aus unserer Region.

Der Gospelchor Laufen nimmt die Herausforderung der Neukompositionen gerne an, besonders nach dem gemeinsamen Probenwochenende im Mai 2022 in Salzburg. Seit eineinhalb Jahren wird musikalisch und seit Oktober 2022 szenisch geprobt.

Das Ergebnis kann sich wohl sehen und hören lassen, wenn man an die innovativen Vorstellungen von »Jesus Christ Superstar« im Mai 2019 denkt, die komplett ausverkauft waren, sodass man Interessierte sogar nach Hause schicken musste, weil es in der Stiftskirche keine freien Plätze mehr gab.

Die Premiere ist am Samstag, 6. Mai, um 19.30 Uhr. Die zweite und vorerst letzte Vorstellung in Laufen ist am Sonntag, 7. Mai um 18 Uhr. Karten gibt es im Pfarrbüro Laufen, bei Lotto Dietrich, im Reisebüro Hogger sowie unter www.stadtlaufen.de.

Daniella Rieger-Böhm

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