Ein exquisites Kammerkonzert im Kulturforum Klosterkirche überraschte mit einer Zusammenstellung von Violine und Cembalo – auch bei moderneren Werken.
Dass die Violinsonaten von Johann Sebastian Bach mit diesem Tasteninstrument begleitet werden, ist gängige Aufführungspraxis. Doch die Überraschung war bereits bei Darius Milhauds (1892 bis 1974) Sonate für Violine und Cembalo perfekt und wurde am Schluss mit der Sonatina für diese beiden Instrumente von Walter Piston (1894 bis 1976) bestätigt. Die Geigerin Antje Weithaas und Mahan Esfahani am Cembalo schlugen einen Bogen von Bach bis ins 20. Jahrhundert.
Die Herzstücke des Konzertabends – durch die Pause getrennt – waren Bachs Sonaten in E-Dur und in e-Moll. Die vier Sätze der ersteren sind mit »Adagio«, »Allegro«, »Adagio ma non tanto« und »Allegro« überschrieben. Diesen vierten Satz interpretierten die Musiker sehr schnell und virtuos und schufen so einen deutlichen Kontrast zu den beiden Adagio-Sätzen. Ein präludierend-virtuoses Violinsolo in der Introduktion leitete die e-Moll-Sonate ein. Den tänzerischen Charakter der begleiteten Sätze, vor allem von »Allemanda« und »Gigue« brachten die beiden Interpreten musikalisch zum Ausdruck.
Darius Milhauds (1892 bis 1974) Sonate für Violine und Cembalo aus dem Jahr 1945 eröffnete das Konzert. Die drei Sätze sind mit den französischen Adjektiven »Nerveux«, »Calme« und »Clair et vif« überschrieben, eine programmatische Vorgabe, die die beiden Musiker direkt übernahmen. Endete der erste Satz mit einem aufgeregten Aufstrich, versetzte Antje Weithaas mit geschlossenen Augen sich und die Zuhörer im zweiten Satz in eine meditative Stimmung. Die Lebhaftigkeit des dritten Satzes tauchte im Pizzicato der Violine auf, das von gestrichen-punktierten Melodiepassagen abgelöst wurde.
Der Komponist Walter Piston (1894 bis 1976) mit beinahe den gleichen Lebensdaten wie Milhaud schrieb seine Sonatina für Violine und Cembalo fast im gleichen Entstehungsjahr von dessen Sonate. Neoromantischer Hintergrund spiegelt sich noch in Pistons Werk, doch kommt hier auch der Humor nicht zu kurz, beispielsweise am Ende des ersten Satzes »Allegro leggiero« mit einem augenzwinkernden, schwungvollen Schlusston, der beim Publikum in der Klosterkirche ein hörbares Schmunzeln hervorrief. Nach dem Spannungsaufbau durch die kontrastierenden musikalischen Parameter – von »Adagio espressivo« im zweiten bis »Allegro vivo« im dritten Satz – erhielten Antje Weithaas und Mahan Esfahani gebührenden, lange anhaltenden Beifall.
Etwas früher, nämlich 1923, entstand Eugène Ysaÿes (1858 bis 1931) Sonate für Violine solo op. 27 Nr. 5, bei der Antje Weithaas mit virtuosen Griff- und Bogentechniken glänzte: Links zupfend, rechts mit Springbogen zeigte sie, dass diese Solosonate in ihrer Schwierigkeit den Capricen von Niccolò Paganini in nichts nachsteht. Programmatisch sind die Satzbezeichnungen: »L’Aurore. Lento assai« und »Danse rustique. Allegro giocoso molto moderato«. Weithaas betonte durch die herben, unmittelbar aufeinander folgenden Abstriche sehr das Rustikale im zweiten Satz, vermutlich, um den starken Gegensatz zur Morgendämmerung mit der aufgehenden Sonne zu betonen, die im ersten Satz lautmalerisch hörbar war.
Das angekündigte Solostück für Cembalo »Insects« aus dem Jahr 2020 von Michael Berkeley (*1948) ersetzte Esfahani durch eine »Ground-Komposition« von Henry Purcell (1660 bis 1711) im Gedenken an den Pianisten Lars Vogt, da er sich in Anbetracht des Todes seines Kollegen an diesem Abend verständlicherweise »nicht gut fühlte, ein komisches Stück zu spielen«. Klangfetzen eines Martinshorns drangen von draußen herein, als wollten sie die Tragik dieses frühen Todes betonen. Der zweite Satz aus Milhauds Sonate vom Anfang schloss als Zugabe den Kreis und erklang in seiner Intensität wohl auch im Gedenken an den verstorbenen Pianisten Lars Vogt. Brigitte Janoschka