Erstes Konzert im »Wohnzimmer der Stadt«

Neues Format der Bad Reichenhaller Philharmoniker beginnt im Sitzungssaal des Neuen Rathauses


Das neue Format der Wohnzimmerkonzerte der Bad Reichenhaller Philharmoniker haben die Musiker im Sitzungssaal des Neuen Rathauses Bad Reichenhall gestartet – also im »Wohnzimmer der Stadt«.

Zur Überraschung aller griff Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung bei der Zugabe selbst zur Violine und fügte sich nahtlos in das Ensemble »Cornissimo« ein. Diese, eigentlich von einem Adjektiv entliehene Steigerungsform für das Instrument Horn, traf auf die Darbietungen bestens zu: Hornist Stefan Kresin leitete mit Kompositionen aus verschiedenen Epochen und gemeinsam mit Zoltán Varga (Violine) und Barbara Eger am Violoncello die Reihe dieser Wohnzimmerkonzerte würdig ein.

Die eigens für die reizvolle Zusammenstellung dieser Instrumente geschriebenen Arrangements hatte Zoltán Varga eingerichtet, was der Chefdirigent der Bad Reichenhaller Philharmoniker in seiner Begrüßung wertschätzend erwähnte. Zustande gekommen sei das Ensemble dadurch, dass der Sohn von Zoltán Varga von Stefan Kresin im Horn unterrichtet und sogar bald in der Konzertrotunde auftreten wird.

Zu Beginn erklangen zwei Sätze aus der Barock-Sonate Nr. 1 in F-Dur von Benedetto Marcello – umgeschrieben für das Horn als Melodie-Instrument. Das Konzert für Horn und Orchester in Es-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart vertrat die Klassik, wobei das Orchester natürlich nur durch die Violine und das Violoncello vertreten war. Und dennoch war es der volle Klang-Genuss für die Zuhörer, die die Melodien im Horn und die Kadenzen so hautnah miterleben konnten. Mit »En Irlande« (1951 uraufgeführt) von Eugène Bozza erklang eindrucksvoll ein Werk aus dem 20. Jahrhundert mit Variationen in Dynamik und Artikulation, sowie Takt- und Tonartwechsel. »Danach muss ein Werk nur für Streicher kommen,« sagte Daniel Spaw in seiner Moderation mit augenzwinkernder Sicherheit. Die Duos für Violine und Violoncello op. 4 von Ignaz Pleyel, einem Zeitgenossen von Mozart, erfüllten ihren Zweck und erfreuten mit hübschen Melodien.

Überhaupt erinnerte dieses Konzert an die musikalischen Salons, die im Zuge der Entstehung einer bürgerlichen Musikkultur im 19. Jahrhundert zunächst in Frankreich und wenig später in weiteren Teilen Europas stattfanden. Die »Fantasie« op. 2 von Franz Strauss, dem Vater von Richard Strauss, schloss den offiziellen Teil des ersten Wohnzimmerkonzerts der Bad Reichenhaller Philharmoniker ab. »Was für ein schönes Zeichen, wenn eine Stadt so hinter einem Orchester steht«, bedankte sich Daniel Spaw für die Einladung in das »Wohnzimmer der Stadt«. Barbara Eger leitete zur Zugabe über – ein Wiegenlied aus dem Orchester-Archiv, komponiert von Gustav Paepke, dem Schwiegersohn des Orchestergründers Josef Gung’l. Der Bezug zur Zugabe beruhte auch darauf, dass Franz Strauss das Orchester »Die wilde Gungl« – der Name entstand in Anlehnung an die Kapelle des gleichnamigen Komponisten – Ende des 19. Jahrhunderts 21 Jahre lang geleitet hatte. Zudem waren unter den Gästen auch die die Urenkelin und Ur-Urenkelin von Josef Gung’l, Christa Deutscher und Gisela Zehm. Diesem Anfang wohnte ein ganz besonderer Zauber inne.

 

Das nächste Wohnzimmerkonzert findet am 9. Dezember um 19.30 Uhr im Wohnzimmer von Birgit und Klaus Unterharnscheidt statt.

Brigitte Janoschka

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