Bildtext einblenden
Oliver Klenk (von links), Bernhard Mitmesser und Sayaka Schmuck in der Streichenkirche St. Servatius hoch über Schleching. (Foto: Kaiser)

Erlesenes und durchdachtes Streichenkonzert

Im angenehm kühlen Kircherl St. Servatius am Streichen bei Schleching begann das vierte Konzert der Saison mit einem Querschnitt durch W. A. Mozarts Oper »Die Zauberflöte« in einem Arrangement für zwei Klarinetten und Bassetthorn.


Die volltönenden, klangreinen Akkorde der Ouvertüre und die folgenden vorwärtsdrängenden Motive vermittelten den Zuhörern die geistige Idee dieser Oper, die Macht von Mut, Vertrauen und Liebe. »Bezaubernd schön« und melodienfroh kam die Bildnis-Arie; aufgeregt bis an die Grenze zur Verzweiflung wirkte »Soll ich dich, Teurer, nicht mehr sehen«, getragen vom sonoren Klang des Bassetthorns. Ganz herrlich ertönte Mozarts »Glocken-Arie«; abgrundtiefer Hass und flammende Leidenschaft sprach aus »Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen« – sehr selten hört man die Stakkato-Spitzentöne dieser Arie von einer Sopranistin so ehrlich, rein und mühelos wie von der Klarinette von Sayaka Schmuck!

Zusammen mit dem Klarinettisten Bernhard Mitmesser und Oliver Klenk am Bassetthorn widmete sie sich zwei liebenswerten Kleinwerken des böhmischen Meistersinfonikers Antonin Dvorák. Angeregt von Johannes Brahms und wohl auch angespornt durch den Erfolg von dessen »Ungarischen Tänzen« hat er zwei Serien von je acht »Slavischen Tänzen« komponiert. Das »Presto« aus der ersten Reihe (op. 46) stellte sich musizierfroh und raffiniert in variablem Dreiertakt vor, das »Allegretto grazioso« aus der zweiten (op. 72) bot schwelgerische, gefühlstiefe Melodien, aus denen aber doch ein verdeckter, tiefer Humor sprach.

Zwei große Mozartarien entließen das Publikum in die Pause, »Voi che sapete« des liebeskranken jungen Pagen Cherubino aus »Die Hochzeit des Figaro« und, sehr überzeugend, »Là ci darem la mano«, die Arie des großen Verführers Don Giovanni aus der gleichnamigen Oper. Hier wurde die Ansicht, dass die Klarinette der menschlichen Stimme ganz nahe kommt, zur Tatsache.

Nach der Pause wechselte Oliver Klenk zur Bassklarinette, und auf den Pulten lagen die Noten zu Astor Piazzollas (1921 bis 1992) »Histoire du Tango«, 1986 als Originalstück für Flöte und Gitarre komponiert. Der großartige argentinische Schöpfer des »Nuevo Tango« erzählt darin in vier Sätzen die Geschichte und Entwicklung des Tango. Der erste beschreibt voller Lebenslust und mit hintergründigem Witz eine ganz bestimmte Art von Etablissement um das Jahr 1900, der dritte, »Nightclub 1960« wirkte etwas distinguierter und versponnener, nicht ganz so direkt wie der erste. Mit seinem Kompositionsstil hatte Piazzolla eine eigen- und einzigartige Form gefunden, um sich mitzuteilen. Claude Debussy (1862 bis 1918) dagegen knüpfte mit »Le Petit Negre« ganz einfach an den Erfolg von »Golliwogs Cakewalk« aus seinem »Chilldrens Corner« an und schuf damit eine skurrile Form von »französischem Jazz«.

Drei echte Jazz-Klassiker beschlossen das Konzertprogramm. »Take Five«, der unvergessliche Hit, den der Saxophonist Paul Desmond (1924 bis 1977) für das Dave Brubeck Quartet geschrieben hat, klang beim Klarinettentrio verblüffend neuartig. Die Popballade »After You’ve Gone« von Turner Layton (1894 bis 1978) aus dem Jahr 1918 entwickelte sich Ende der zwanziger Jahre zum Jazzstandard. Benny Goodman (1909 bis 1986) war 1935 damit erfolgreich – und genau seinen hellen Klarinettenklang hörten die interessierten Zuhörer aus dem Schmuck-Trio heraus. Mitreißender Schwung lag in der Interpretation von »Alexander’s Ragtime Band« von Irving Berlin (1888 bis 1989). Bei den Zugaben tauschten Sayaka Schmuck und Oliver Klenk ihre Instrumente – für Sayaka war es eine »öffentliche Premiere« mit der Bassklarinette. Einer Klezmer-Melodie., die sich unwiderstehlich in die Ohren schmeichelte, folgte das Arioso aus J. S. Bachs Kantate BWV 156 – ein stimmungsvoller Abschluss eines besonderen Konzerts. Engelbert Kaiser

Mehr aus Kultur aus der Region