Personen, die mit dem Kulturkreis eng verbunden waren, waren etwa Dr. Helmut Janku, Walter Zoelch, Hans Schelling, Gottfried Putz, Katharina Czepan, Annette Zahnbrecher, Hans Brüderl und auch Heribert Muser, der 1979 nach Benediktbeuern verzogen ist. Muser war Ende der 1970er Jahre Geschäftsführer des Kulturkreises und hat jetzt in einem Schreiben an den jüngst verstorbenen Münchner Musiker und Konzertmanager Georg Hörtnagel erinnert. Dieser sei ein großer Förderer des Kulturkreises gewesen und hat laut Muser »im Hintergrund, aber auf höchster Qualitätsstufe, das Kulturleben in Traunreut und Trostberg in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts mitgeprägt«.
Die Nachricht vom Tod Hörtnagels »verdient auch in der Presse eine würdigende Erwähnung«, schreibt Muser und weiter: »An den Erfolgen, die der 1972 gegründete, vor einigen Jahren aufgelöste Kulturkreis 72 Traunreut im ersten Jahrzehnt seines Bestehens vorzuweisen hatte, war Georg Hörtnagel maßgeblich beteiligt.« Muser selbst war Mitglied des Kulturkreis-Gründungsvorstands, dem außerdem Siemensdirektor Josef Bayer und Verleger Oskar Erdl sowie Georg Hampel und Irma Roth angehörten. Die Initiative zur Gründung war wesentlich von Kurt Oberdorffer und Anton Schmitt ausgegangen.
In dem Zusammenhang erinnert Muser, der am Gymnasium Traunreut unterrichtet hat und von 1975 bis 77 Schulleiter der Schule Schloss Stein war, »an einen weiteren musikalischen Geburtshelfer des neu gegründeten Kulturvereins: den gebürtigen Altenmarkter Dr. Peter Clemente, geschätzter Augenarzt in München sowie gefragter Cembalist und Pianist in der Klassikszene der Landeshauptstadt. So vermittelte er mit den Münchner Kammersolisten mehrfach ein hochkarätiges Kammermusik-Ensemble für Konzerte nach Traunreut oder Trostberg.«
Und dann berichtet Muser von einer lustigen Episode im Zusammenhang mit Georg Hörtnagel: »Für eine Aufführung des 'Forellen-Quintetts' von Franz Schubert brachte die Quartett-Formation des aus Philharmonikern und Musikern der Staatsoper bestehenden Ensembles auch Georg Hörtnagel, den früheren Kontrabassisten des Bayerischen Staatsorchesters, als fünften Mann mit nach Traunreut. Dieser hatte dieses Werk schon hunderte Male vorher gespielt, zum Teil mit den berühmtesten Kammermusik-Formationen der Welt. Während der Aufführung in Traunreut mit dem glänzenden, aber immer lustig grimassierenden Pianisten Leonard Hokanson am neuen, von Peter Clemente ausgesuchten Bösendorfer-Flügel kam es zu einem kleinen unbedeutenden Zwischenfall. Dem Kontrabassisten Hörtnagel mit seiner legendären 'Bauernpratzn' entglitten beim Umblättern mehrere Noten und fielen zu Boden. Eine beflissene Konzertbesucherin in der ersten Reihe warf sich daraufhin blindlings auf den Boden, um die herumliegen Blätter aufzusammeln und dann – ungeordnet – auf das Notenpult zu legen. Mit einem gütigen Lächeln, ja leichtem Grinsen bedankte sich Hörtnagel, unbeeindruckt weiterspielend, und demonstrierte gleichzeitig, dass es dieser Mühe gar nicht bedurft hätte: 'Des kann ich doch auswendig.'«
Und weiter: »Nach diesem denkwürdigen Abend saßen wir, der damalige Vorstand des Kulturkreises, noch zu einem Umtrunk im 'Württemberger Hof' zusammen. Da zeigte sich dann der gwappelte (schlagfertige) Musiker als hilfreicher Konzertagent, der er nach einer Handverletzung 1967 geworden war. Seine für den klammen Etat des Kulturkreises blendende Idee war, von ihm geförderte, noch nicht sehr bekannte, aber hochbegabte Künstler und Ensembles nach Traunreut zu vermitteln, wenn zwischen deren Auftritten in München, Nürnberg oder Augsburg noch Termine frei waren. 'Die sind froh, wenn sie spielen können, und für euch sind sie erschwinglich', war seine Devise.«
So sei es zu einer wunderbaren Zusammenarbeit mit einem Menschen gekommen, der sich ganz der Pflege der klassischen Musik verschrieben hatte. Als ehemaliger Geschäftsführer des Traunreuter Kulturkreises in den 70er Jahren erinnert sich Muser noch gut »an den uneigennützigen, großzügigen Manager, der sich der Kulturpflege auf dem Lande dann auch noch durch seine großartigen Pollinger Konzertreihen verpflichtet fühlte«, nur mit Hochachtung und auch Wehmut: »Ich habe den inzwischen Neunzigjährigen in den vergangenen Jahren noch einige Male anlässlich des einen oder anderen Pollinger Konzerts treffen und sprechen können. An Traunreut und die 'Forelle à la Hörtnagel' konnte er sich immer noch gut erinnern.«
Hans Eder